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„Dann würden wir sagen: Macht es!“

Gewerkschaft Gerhard Wick ist nicht nur Ortsvorstand der IG Metall, sondern auch Vorsitzender der Naturfreunde Geislingen. Unter den Gewerkschaftlern wird das Gewerbegebiet Hungerberg lebhaft diskutiert. Von Thomas Zapp

Gerhard Wick
Gerhard Wick

Der DGB fordert von der Bundesregierung ein „Klimaschutzproramm 2.0, das Treibhausgasemissionen reduziert“, aber gleichzeitig „gute Arbeit fördert und Beschäftigung sichert“. Das gibt zuweilen Zielkonflikte, so auch beim akutell geplanten Gewerbegebiet Hungerberg.

Herr Wick, wie stehen Sie zur Ausweisung neuer Gewerbegebiete wie dem Hungerberg in Dettingen?

Gerhard Wick: Wir haben darüber auch im Ortsvorstand der IG Metall Esslingen diskutiert. Generell ist klar, dass wir in der Region Stuttgart Flächen brauchen, vor allem als Übergangslösung für die Umstellung von Produktionsstandorten. Aber unsere Position ist auch, dass die Umweltauflagen eingehalten werden. Wir erwarten von der Politik, dass sie das sauber abwägt.

Welche Rolle spielen die Industriearbeitsplätze in der Region?

Wick: Die Leute brauchen hier gut bezahlte Jobs, auch für die Zeit nach 2035: Die Produktion von Verbrennermotoren läuft dann auf jeden Fall aus. Der Wohlstand der Region Stuttgart hängt aber zu einem Großteil von einer erfolgreichen Autoindustrie mit ihren Zulieferern ab. Allein 200 000 Menschen sind in der Automobilbranche, den Zulieferbetrieben und im Maschinenbau beschäftigt. Wenn Beschäftigte mit gut bezahlten Jobs weggehen, hat das auch Auswirkungen auf die Kommunen. Was bleibt denn den Gemeinden, wenn nicht nur Gewerbe, sondern auch die Einkommensteuer aus gut bezahlten Industriejobs dauerhaft wegfällt? Die Einkünfte aus niedriger bezahlten Dienstleistungsjobs werden das sicher nicht ausgleichen.

Wird der Flächenbedarf mit den neuen Technologien denn eher kleiner oder größer?

Wir müssen die Klimakrise bekämpfen aber auch gewährleisten, dass Jobs erhalten werden. Wenn der Gießer aus dem Mercedes-Werk in Mettingen nicht mehr gebraucht wird, wird er sehr wahrscheinlich kein Krankenpfleger. Die Produktion der „alten“ Technologie läuft aus und parallel sollte die Produktion der neuen beginnen. Das geht aber nicht schlagartig. Also brauchen wir in der Übergangszeit schon Platz für die Produktion der neuen Technologien, während die alten noch produziert werden.

Stehen Sie tendenziell jedem neuen Gewerbegebiet positiv gegenüber?

Nein, es muss auch unter Umweltaspekten sinnvoll sein. Der Wandel muss auch die Auswirkungen auf das Klima berücksichtigen.

Was die Größe anbetrifft, wäre der Hungerberg am besten für große Unternehmen geeignet...

Das ist uns bekannt, nachdem das Gewerbegebiet in Donzdorf gekippt wurde, ist es das größte zusammenhängende Gebiet in der Region. Außerdem liegt es an der Autobahn, da ist der ökologische Eingriff vielleicht nicht ganz so schwerwiegend, weil ohnehin schon in die Natur eingegriffen wurde. Aber die genauen Ergebnisse der Untersuchung sind mir nicht bekannt und wir sind auch keine Experten für Umweltschutz.

Manche befürchten auch eine Ansiedlung starker Konkurrenz, die dem lokalen Gewerbe die Leute abspenstig macht.

Bei diesem Argument, da können wir nur lächeln. Dann muss man die Angestellten eben auch anständig bezahlen, dann besteht für sie auch keine Notwendigkeit, wegzugehen.

 

Falls sich also trotz intensiver Suche kein anderes geeignetes Gebiet findet. Was sollte dann mit dem Hungerberg geschehen?

Wenn es Spitz auf Knopf steht und keine Alternative vorhanden ist: dann bin ich mir sicher, dass wir sagen würden: Macht es. Wir müssen auch in der Frage guter Arbeitsplätze für die nächste Generation an die Zukunft denken.

Gebaut wurde ohnehin schon: Im Hintergrund sind ICE-Trasse und Autobahn zu erkennen.Foto: C. Riedl
Gebaut wurde ohnehin schon: Im Hintergrund sind ICE-Trasse und Autobahn zu erkennen.Foto: C. Riedl