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Der 15-Minuten-Takt kostet zu viel Geld

S-Bahn Der Ausbau der Strecke Kirchheim-Wendlingen ist nur schwer realisierbar. Vor allem Umbauten an den Bahnhöfen in Wendlingen und Ötlingen würden das Projekt verteuern. Von Silvia Gierlichs

Im Halbstunden-Takt fährt die S-Bahn zwischen Kirchheim und Herrenberg. Besonders zu Stoßzeiten ist die Strecke stark frequentie
Im Halbstunden-Takt fährt die S-Bahn zwischen Kirchheim und Herrenberg. Besonders zu Stoßzeiten ist die Strecke stark frequentiert. Doch eine kürzere Taktung scheitert laut einer Studie an zu hohen Investitionskosten.Foto: Jean-Luc Jacques

Kann die S-Bahn, die zwischen Herrenberg und Kirchheim pendelt, auch zwischen Wendlingen und der Teckstadt im 15-Minuten-Takt fahren? Darüber wird derzeit viel diskutiert. Der Verband Region Stuttgart hat dies nun untersuchen lassen. Die Studie wurde vom Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart gemeinsam mit der Deutschen Bahn erstellt.

Um es vorwegzunehmen: Dem Viertelstundentakt räumt die Studie keine Chancen ein. Denn dazu wären etliche Umbauten an den Bahnhöfen in Wendlingen und Ötlingen notwendig. Ebenfalls nötig wäre eine Erweiterung der Strecke auf zwei Gleise in Ötlingen, da sich dort Züge aus Kirchheim und Wendlingen begegnen müssten. Das würde etwa 8,5 Millionen Euro kosten.

Auch in Wendlingen wird es schwierig mit dem zweigleisigen Ausbau. Wegen der dichten Bebauung, die zwischen Bahnhof und Kapellenstraße eng an das Gleis der S-Bahn angrenzt, aber auch wegen der parallel verlaufenden Talstraße ist ein zweigleisiger Ausbau ohne erhebliche Eingriffe in Grundstücke, die nicht der Bahn gehören, ausgeschlossen. Die Anzahl der S-Bahnen im eingleisigen Streckenabschnitt verdoppelt sich. Stefan Tritschler, Geschäftsführer des Verkehrswissenschaftlichen Instituts, befürchtet Rückstau im Straßenverkehr sowie zu große Verzögerungen im Fußgänger- und Radverkehr. Man müsste über die Beseitigung von Bahnübergängen nachdenken. Über Brücken würde der Verkehr dann die Gleise queren. Ein weiteres Manko: Die Verdoppelung der durchfahrenden S-Bahnen bringt mehr Lärm mit sich.

Die Verfasser der Studie lassen nicht unerwähnt, dass sich die Nachteile eines zweigleisigen Ausbaus vermeiden ließen, würde die 3,5 Kilometer lange Südumfahrung gebaut. Sie würde den Bahnübergang Speckweg passieren und danach in südwestlicher Richtung den Wendlinger Stadtteil Unterboihingen größtenteils unterirdisch passieren. Die Südumfahrung kreuzt die Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und den Albvorlandtunnel an zwei Stellen und lenkt die S 1 südlich des Wendlinger Bahnhofs auf die Gleise der Strecke Tübingen-Stuttgart. Doch die Südumfahrung zu bauen ist ungeheuer aufwendig. Sowohl die Südumfahrung als auch der zweigleisige Ausbau bis zum Speckweg erfordern hohe Investitionen. Da der Nutzen der Ausbauvarianten den Aufwand für den Ausbau nicht rechtfertigt, haben Stefan Tritschler und die Mitverfasser der Studie keine Kosten dafür ermittelt. Tritschler kommt aber zu der Bewertung, dass eine Verlängerung des 15-Minuten-Taktes der S 1 nach Kirchheim wegen der genannten Probleme nicht umsetzbar ist.

Eine Verlängerung der S-Bahn von Wendlingen nach Nürtingen wird empfohlen

Die Studie empfiehlt, statt eines 15-Minuten-Takts zwischen Wendlingen und Kirchheim eine Verlängerung der S 1 von Wendlingen nach Nürtingen mit Anbindung von Oberboihingen weiterzuverfolgen. Auch in Nürtingen und Oberboihingen bräuchte es Anpassungen: Erforderlich ist unter anderem eine Erhöhung der Bahnsteige. Die Gesamtkosten betragen etwa 1,8 Millionen Euro.

In Nürtingen wird die gemeinsame Nutzung eines Gleises durch die S 1 und die Tälesbahn als sinnvoll erachtet. Und auch hier müssen Bahnsteigkanten erhöht und die Signaltechnik aufgerüstet werden.

Zur Entlastung des S-Bahn-Werks in Plochingen, aber auch, um morgens und abends Fahrten zwischen dem S-Bahn-Werk in Plochingen und Nürtingen zu vermeiden, hat die DB-Regio zusätzliche Abstellmöglichkeiten in Nürtingen vorgesehen. Gleise in Nürtingen dafür zu ertüchtigen, kostet zwischen 500 000 und 700 000 Euro.

Die Anbindung von Nürtingen und Oberboihingen an das S-Bahn-Netz erzielt laut Tritschler höhere Wirkungen als der 15-Minuten-Takt bis Kirchheim. Über die Metropolexpress-Züge und die Große Wendlinger Kurve sei nach Inbetriebnahme von S 21 auch eine Verbindung zum Flughafen möglich. Vor 2025, wenn der Stuttgarter Tiefbahnhof in Betrieb genommen wird, wird es nichts mit der S-Bahn nach Nürtingen. Denn ab 2022 sollen die Züge von und nach Ulm, die die ICE-Trasse befahren, die Strecke Tübingen-Stuttgart mitnutzen, was den Verkehr auf der Strecke erhöht.sg