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Die Knights planen weitere Einschnitte

Basketball Die erste Soforthilfe greift: Besnik Bekteshi erweist sich als der erhoffte Energieschub für die Kirchheimer Mannschaft. Dabei soll es nicht bleiben. Von Bernd Köble

Zuschauer wider Willen: Neuankömmling Jonathon Williams saß im Heimspiel gegen Jena wegen noch fehlender Arbeitspapiere nur auf
Zuschauer wider Willen: Neuankömmling Jonathon Williams saß im Heimspiel gegen Jena wegen noch fehlender Arbeitspapiere nur auf der Bank. In Vechta soll er spielen.Foto: Tanja Spindler

Dem Thema widmen sich ganze Heerscharen selbsternannter und tatsächlicher Experten. In der Wirtschaft, im Sport, überall dort, wo Durchsetzungskraft und Führungsstärke verlangt werden. Doch lässt sich Haltung wirklich lernen? Basketballcoach Igor Perovic hat da nicht erst seit Samstag seine Zweifel. Mentale Insuffizienz, das ist die Kerndiagnose, die der Coach bei allem Respekt weiten Teilen seiner Mannschaft zur Stunde stellt. Auch wenn die Erwartungen vor dem Spiel gegen den haushohen Favoriten aus Jena gering waren und das Schlussviertel, in dem am Samstag alle Dämme brachen, nicht als Maßstab gelten darf. Weil am Ende eine Mannschaft auf dem Feld stand, die man so in dieser Konstellation wohl kaum mehr erleben wird. Zum Glück, möchte man sagen, auch wenn die Szene vom Duell des 18-jährigen Kilian Fischer mit Jenas Reboundmaschine Alex Herrera für Freunde bizarrer Momente unvergessen bleiben mag.

Perovics hartes Urteil direkt nach dem Spiel mag auch am Kontrastprogramm gelegen haben, das sich an diesem Abend direkt vor seiner Nase bot: Da brannte Nico Brauner, Kirchheims emotionaler Leader der vergangenen Saison, wie eh und je seine Fährte ins Parkett der Kirchheimer Halle - nur diesmal auf der falschen Seite. Brauner steuerte im Verbund mit Ray Simmons exakt so viele Korbvorlagen bei wie die gesamte Kirchheimer Mannschaft in den 40 Minuten.

Die Knights, das ist nach drei Spieltagen in der Pro A eine Baustelle in Verzug, auf der Tag und Nacht gearbeitet wird. „Ja, wir haben diesmal Fehler gemacht“, räumt Knights-Sportchef Chris Schmidt mit Blick auf die Kaderplanung selbstkritisch ein. „Deshalb arbeiten wir seit Wochen intensiv daran, dies zu korrigieren.“ Noch ist nichts passiert. Probleme haben auch andere: Topteams wie Bremerhaven, Rostock oder Vechta haben mit ähnlichen Startschwierigkeiten zu kämpfen.

Bekteshi ohne Startprobleme

Noch ist Zeit, zumal eine Korrektur seit Samstag als geglückt gelten darf: Die beeindruckende Dominanz, mit der Besnik Bekteshi bei seinem Comeback in Kirchheim das Spiel an sich riss, war so nicht unbedingt zu erwarten. Zu unauffällig war der 28-jährige Spielmacher in den vergangenen beiden Jahren in Tübingen geblieben. Für Schmidt hat der Senkrechtstart des Kirchheimers zweierlei gezeigt: „Er verströmt noch immer viel Herzblut für seinen Heimatverein, und er hat im Sommer hart an sich gearbeitet.“

Dass Bekteshi auftritt, als wäre er nie weg gewesen, hat Gründe. Seine Verpflichtung wurde zwar erst vergangene Woche verkündet, eine Option war er schon länger. Ohne laufenden Vertrag hat er bereits seit Anfang September mit den Knights trainiert. Nach den Problemen mit Dazon Ingram fiel allerdings die Wahl auf Marlon Stewart als der vermeintlich bessere Spielgestalter. Auch das war, wie man inzwischen weiß, ein Irrtum. „Wenn wir die Uhr noch einmal zurückdrehen könnten“, sagt Igor Perovic, „würden wir anders entscheiden.“

Am Samstag in Vechta wird erneut eine Mannschaft mit verändertem Gesicht auf dem Spielfeld stehen. Elijah Strickland fehlt nach seiner Achillessehnenverletzung vom Samstag erwartungsgemäß, dafür kehrt Tim Koch wohl zurück ins Team. Die größten Erwartungen ruhen auf dem Comeback von Jonathon Williams, dessen Energie die Mannschaft mitreißen soll. „Wir brauchen dringend eine Waffe in der Offensive“, streicht Igor Perovic das momentan größte Defizit heraus. Magere 65 Punkte im Schnitt haben die Knights in den ersten drei Spielen erbeutet. Als Lebensversicherung in der Pro A ist das deutlich zu wenig. Damit wächst auch der Druck auf Justin Pierce, dem die Rolle des Scharfschützen zugedacht war und der die Erwartungen bisher nicht erfüllen konnte. Der sympathische Amerikaner lässt sein Talent zwar immer wieder aufblitzen, tut sich mit der härteren Gangart in Deutschlands zweithöchs­ter Spielklasse jedoch schwer und hat deshalb auch in der Verteidigung Probleme. ­Schmidts Ankündigung klingt da wie eine Drohung, wenn er betont: „Wir rechnen auch weiter mit Veränderungen in der Mannschaft.“

Was immer noch kommen mag, es wird Zeit brauchen. „Wir haben unsere Lage schonungslos analysiert“, betont Schmidt, „und überlegt, wo wir schnell reagieren müssen und wo wir mehr Geduld brauchen.“ Das klingt nicht nach einem raschen Ende der Umbaumaßnahmen. Eher nach spannenden Wochen.