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Die Knights trennen sich von Stewart

Basketball Der 24-jährige Point Guard ist nach zwei denkwürdigen Spielen das erste Opfer des missglückten Saisonstarts in der Pro A. Weitere könnten schon bald folgen. Von Bernd Köble

Man hat sie oder eben nicht: Igor Perovic (links) vermisst in seiner Mannschaft Führungsstärke auf dem Spielfeld.Fotos: Tanja Sp
Man hat sie oder eben nicht: Igor Perovic (links) vermisst in seiner Mannschaft Führungsstärke auf dem Spielfeld.Fotos: Tanja Spindler

In einer Woche, in der die Politik die Schlagzeilen bestimmt, arbeiten Kirchheims Basketballer an der Mobilitätswende. Man könnte sagen: Dem Antrieb der Knights fehlt es an Laufkultur, und er hat ein gravierendes Reichweitenproblem. Zwei Spiele, zwei fast identische Verläufe, zwei krachende Niederlagen trotz zweier Blitzstarts, die eigentlich Selbstvertrauen geben müssten. Beim 70:97 am Samstag in Karlsruhe verkörperte ein 19-Jähriger das ganze Dilemma. Im Windschatten des jungen Aleksa Bulajic mühten sich die beiden Neuzugänge Marlon Stewart und Ian Dubose um Sicherheit und Ordnung im Spielaufbau. Mit Blick auf die Zukunft ein bemerkenswertes Signal. Vor dem schweren Spiel am Samstag gegen Jena eine Bankrotterklärung, die zum Handeln zwingt.

Die erste Reaktion kam ges­tern: Der Tryout-Vertrag mit Stewart ist aufgelöst. Der Amerikaner, der erst in der Woche vor Saisonbeginn in Kirchheim ankam und dem wenig Zeit zur Eingewöhnung blieb, wird gegen Jena nicht mehr an Bord sein. Die Suche nach Ersatz läuft. Stewart könnte nicht das einzige Opfer bleiben. ­Dubose blieb den Nachweis von Führungsstärke bisher gleichermaßen schuldig und könnte schon bald der Nächs­te sein, auch wenn sich Knights-Geschäftsführer Chris Schmidt im Moment nicht zu weiteren Schritten äußern will. Er sagt allerdings: „Ich gehe nicht davon aus, dass es bei dieser einen Entscheidung bleibt.“ Klare Worte des Sportdirektors, auch was die Gründe für die Trennung betrifft. Man sei zu dem Schluss gekommen, sagt ­Schmidt, „dass mehr Geduld nicht das bringt, was wir erwarten.“

Zu offensichtlich waren in beiden Spielen die Defizite im Kirchheimer Aufbauspiel. Es fehlt die ordnende Hand. Es fehlt an Entschlossenheit und auch an mentaler Stärke. Eigenschaften, die es braucht, um dagegenzuhalten, wenn der Gegner plötzlich Antworten findet - so wie am Samstag. Da hatte Karlsruhe einen Mann wie Stanley Whittaker, der kurz vor der Halbzeitpause das Spiel der Lions an sich riss und seine Mannschaft nach einem Zwölf-Punkte-Rückstand zurückbrachte.

Ruhe bewahren und abwarten? Schließlich ist man Startprobleme in Kirchheim seit Jahren gewohnt. Meist waren Verletzungen der Grund, aber auch Phasen mit alarmierenden Durchhängern. Vergangene Saison benötigte die Mannschaft Zeit bis Weihnachten, ehe sie ihr wahres Gesicht zeigte und es nach einer spektakulären Aufholjagd fast bis ins Finale geschafft hätte. Zu wenig Herzblut, die falsche Mentalität - Vieles von dem, was vor einem Jahr an Kritik laut wurde, klingt jetzt ähnlich. Einziger Unterschied: Diesmal glaubt offenbar niemand daran, dass Zeit allein Probleme löst. Nach Jahren erfolgreicher Personalpolitik müssen die Knights im laufenden Betrieb nachbessern und feststellen: Es passt nicht.

„Wenn Schlüsselspielern das Vertrauen und die Kontrolle im Spiel fehlt, dann kostet uns das Siege“, so die nüchterne Analyse von Trainer Igor Perovic. „Wenn du die Wand spürst“, meint der Headcoach, „dann brauchst du den Willen, einfach durchzugehen.“ Für ihn ist klar: „Was uns im Moment fehlt, ist Erfahrung und die richtige Haltung auf dem Spielfeld.“ Zumindest Letzteres wird von Karlo Miksic erwartet, der am Mittwoch aus der Reha in Kroatien nach Kirchheim zurückkehren wird. Der 23-jährige Point Guard muss nach seiner Sprunggelenks-OP die ersten Wochen noch kontaktlos trainieren. Mit seiner Rückkehr aufs Spielfeld rechnen die Knights frühestens im Heimspiel gegen Bochum am 16. Oktober. „Er ist wichtig“, sagt Perovic, „aber Wunder sollten wir nicht von ihm erwarten.“

Dem käme in der momentanen Lage ein Erfolg am Samstag gegen Jena gleich. Mit einer verunsicherten Mannschaft ohne echten Kopf ist gegen einen der Titelfavoriten, der mit zwei überzeugenden Siegen in die Saison gestartet ist, nichts Gutes zu erwarten. Zwar zeigt die Geschichte, dass die Knights in scheinbar ausweglosen Situationen schon mehrfach ihre besten Spiele abgeliefert haben, doch diesmal bleibt auch Schmidt skeptisch. „Wenn wir auftreten wie zuletzt, werden wir gegen Jena untergehen“, sagt er.