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Die Lese beginnt mit Müller-Thurgau

Wein Im Neuffener Tal werden nächste Woche die ersten Trauben geerntet. Die meisten Sorten können noch mehr Sonne vertragen. Niederschlagsmengen, Mehltau und Kirschessigfliege machen Kummer. Von Anneliese Lieb

Beim Weinbergrundgang, zu dem Neuffens Bürgermeister Matthias Bäcker traditionell im Herbst einlädt, servierte Elke Muckenfuß (l
Beim Weinbergrundgang, zu dem Neuffens Bürgermeister Matthias Bäcker traditionell im Herbst einlädt, servierte Elke Muckenfuß (links) den Gästen einen spritzigen Silvaner. Foto: Jürgen Holzwarth

Der Weinbergrundgang der Stadt Neuffen ist bei den Bürgermeistern der Nachbargemeinden ein beliebter Termin. Eine gute Gelegenheit, sich über den neuen Jahrgang und Entwicklungen im Weinbau zu informieren. Erstmals mit von der Partie: Johannes Fridrich, der als Oberbürgermeis- ter der Stadt Nürtingen Überlegungen anstellte, wie eventuell in Kooperation mit der Weingärtnergenossenschaft im nächsten Jahr beim Nürtinger Weindorf die regionale Ausrichtung mehr betont werden kann.

Dass die Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck Corona genutzt hat, um sich weiterzuentwickeln, zeigten Vorstandsvorsitzender Jürgen Pfänder und Geschäftsführerin Christine Anhut in der Verkaufsstelle am Kelterplatz. Es gibt nicht nur ein erweitertes Angebot, ansprechender und moderner sind jetzt auch die neuen Etiketten. Und für Freunde eines kräftigeren Rotweins gibt es einen sortenreinen Lemberger, der im großen Holzfass ausgebaut wird. In der Preisklasse liegt er gleich hinter dem Spitzenprodukt der Neuffener, dem im Barrique ausgebauten Rotwein „Berthold zu Nifen“. Aktuell wird der Lemberger nur auf vier Hektar angebaut. Eine vergleichsweise kleine Menge, die erfahrungsgemäß schnell vergriffen ist.

Silvaner gehört zum Neuffen

Auf Weißweine hat sich Elke Muckenfuß spezialisiert. Die Neuffener Gemeinderätin und hauptberufliche Wengerterin ist seit vielen Jahren eine engagierte Botschafterin des Neuffener Weins. Bei einer Weinprobe, sagt sie, müsse ein Silvaner dabei sein. „Der gehört zu Neuffen, passt perfekt zu unseren Böden und ist fruchtig und spritzig“. Dass Elke Muckenfuß als leidenschaftliche Winzerin ihr Handwerk versteht, zeigt auch ihr Riesling. Der Riesling, informiert Muckenfuß, sei erst Anfang der 90er-Jahre für die Neuffener Lage freigegeben worden. Damals sei ihrem Vater sogar vorgeschrieben worden, wo er die Riesling-Stöcke anbauen dürfe. Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf den Weinbau im Täle. „Wir zählen in Neuffen allerdings zu den Profiteuren.“ „Der Riesling ist mein Lieblingswein“, verrät Michael Hennrich und nippt genüsslich am Glas. Der CDU-Bundestagsabgeordnete genoss die kleine Auszeit im Wahlkampfendspurt und ergänzte beim Rundgang seine Weinkenntnisse ebenso wie seine Abgeordneten-Kollegin Renata Alt (FDP). Die Kirchheimerin war sehr angetan von der herrlichen Lage der Weinberge, „da muss ich mit meinem Mann unbedingt einen Spaziergang machen“. Mit Weinanbau ist Alt aufgewachsen. Ihr Großvater hatte in Südmähren einen eigenen Weinberg.

Beim Spaziergang durch die Neuffener Lage zeigt sich: In diesem Jahr mussten die Wengerter ihre Reben ganz besonders im Blick haben. Der viele Regen begünstigte den Mehltau und auch die Kirschessigfliege erschwert ihnen die Arbeit. Bei der aktuellen Witterung, mäßig warm und feucht, vermehrt sich die Kirschessigfliege besonders schnell. Wer also beim Pflanzenschutz nicht den richtigen Zeitpunkt erwischt und schnell reagiert hat, der muss in diesem Herbst mit Qualitätseinbußen rechnen.

Um die Kirschessigfliege fernzuhalten, haben manche Neuffener Wengerter die Trauben vom Laub befreit. „Damit mehr Sonne rankommt, das mag der Schädling nicht“, erklärt Jürgen Pfänder. „Trotzdem kein Grund zum Jammern“, sagt Elke Muckenfuß, „wenn wir uns mit den Kollegen im Ahrtal vergleichen, dann geht es uns doch gut.“

War die Weinlese im letzten Jahr Mitte September in vollem Gang, ist der nasse Sommer Schuld daran, dass die Trauben in diesem Jahr noch Sonne brauchen. „Die Öchslegrade liegen aktuell bei durchschnittlich 60 bis 70 Grad“, sagt Werner Mönch, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft. Nächste Woche beginnt die Lese mit den frühen Sorten Müller-Thurgau, Acolon und Schwarzriesling.