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Die Odyssee der neuen Chefin ist noch nicht zu Ende

Handball Ausra Fridrikas muss ihren Trainerjob bei den Nürtinger Zweitligafrauen mit Verspätung antreten.

Nürtingen. Frauenhandball-Zweitligist TG Nürtingen hat Mitte Februar seine neue Trainerin für die kommende Saison verkündet. Aus dem für Ende März geplanten persönlichen Treffen mit Ausra Fridrikas ist bislang aber noch nichts geworden. Die Österreicherin mit litauischen Wurzeln hängt noch immer in den USA fest.

Dort fällt der umtriebigen Welthandballerin des Jahres 1999 nach fast drei Monaten allmählich die Decke auf den Kopf. Zwei Monate sollte der Besuch bei ihrer Schwes­ter in Boston dauern - sollte er, wie geplant, am Donnerstag enden, wären es knapp drei Monate. Wenn es denn dann klappt mit der Rückreise. Das ist Stand heute nämlich noch immer das große Fragezeichen. „Amerika ist das gefährlichste Land in der Coronakrise“, sagt die künftige Trainerin der TG Nürtingen, die bereits eine wahre Odyssee bezüglich der Rückkehr in die österreichische Heimat hinter sich hat.

Am 29. März sollte es ursprünglich zurück nach Europa gehen, kurz darauf wollte sie sich auch persönlich in Nürtingen vorstellen. Daraus wurde nichts, wie aus so vielem anderen. „Es hat sich eben einiges geändert in letzter Zeit“, sagt Fridrikas. Boston, Frankfurt, Wien lautete die Route, die sie sich nun für den gest­rigen Dienstag ausgesucht hatte, doch die wurde kurzerhand gestrichen. Erfahren hat die 52-Jährige davon zufällig beim Surfen im Internet. „Es kam keine Mail oder sonst etwas“, sagt sie - und musste sich nach einem neuen Flug umschauen.

Kanada heißt jetzt die neue Hoffnung. Von Toronto aus über Frankfurt soll es am morgigen Donnerstag zurück in die Heimat nahe Wien gehen. Bis zur ersten Reise nach Nürtingen wird jedoch noch weitere Zeit ins Land gehen. Erst Ende Mai nach Absitzen der obligatorischen Quarantäne und der Erledigung von weiterem Liegengebliebenen rechnet Fridrikas damit.

Derzeit versucht sie, die Tage so gut wie möglich durchzutakten, ihrer Schwester auch im Haushalt unter die Arme zu greifen. Sie selbst nutzt die Zeit auch, um weiter an ihrer EHF-Pro-Lizenz, der höchsten im europäischen Handball, zu basteln, an den rund 200 Meter entfernt gelegenen Strand zu gehen oder in die Blue Hills, ein landschaftliches Schutzgebiet in der Nähe von Boston, das zum Wandern einlädt.

„Zeit war viel zu kurz“

Die derzeit vielen Konjunktive bleiben auch für Ausra Fridrikas und die Nürtinger Handballerinnen weiterhin allgegenwärtig. Ein erstes „Treffen“ mit der Mannschaft gab es bereits per Video­übertragung. Wie vor fünf Wochen die TG-Spielerinnen war auch deren neue Kommandogeberin positiv beeindruckt vom ersten Kennenlernen. „Ich bin froh, dass wir uns unterhalten konnten. Sie haben viele Fragen gestellt, und eigentlich war die Zeit viel zu kurz“, erinnert sie sich an das dreiviertelstündige Gespräch.

Den Kontakt nach Nürtingen hält sie vorwiegend über TG-Torhüterin Christine Hesel und den Sportlichen Leiter Simon Oeder, auch mit den Abteilungsvorstandsmitgliedern hat sie sich schon ausgetauscht.

Sobald wie möglich soll das auch auf persönlicher Ebene über die Bühne gehen. Wann genau das letztlich sein wird, ist dieser Tage aber wie so vieles andere ungewiss. Jens S. Vöhringer