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Die streitbare Dame kommt sofort zur Sache

Literatur Sibylle Krause-Burger hat in der Stadtbücherei aus ihrer Kolumnensammlung „Freiheit, die ich meine“ gelesen.

Sibylle Krause-Burger nimmt kein Blatt vor den Mund, was beim Kirchheimer Publikum gut ankam.
Sibylle Krause-Burger nimmt kein Blatt vor den Mund, was beim Kirchheimer Publikum gut ankam.

Kirchheim. So wach und präsent wollte man noch sein wie diese Frau. Sibylle Krause-Burger regt sich auch noch im hohen Alter heftig über das auf, was in der Welt schiefläuft. Und so war das Interesse an der Lesung groß, zu der Barbara Haiart vom Kirchheimer Literaturbeirat die engagierte politische Journalistin in der ausverkauften Stadtbibliothek begrüßte. Während sie vor zwölf Jahren in Kirchheim ihre Autobiografie vorgestellt hatte, ging es dieses Mal um den Sammelband von Kolumnen, die bis 2019 in der Stuttgarter Zeitung erschienen sind.

Die streitbare Dame kommt sofort zur Sache. Sie sieht, schon vor Corona, die Bürgerinnen und Bürger in ihrer persönlichen Freiheit bedroht. Freiheiten würden normalerweise von Diktatoren eingeschränkt. In unserer Demokratie sieht Krause-Burger eine Gefahr für die Freiheit durch Minderheiten, die der Mehrheit ihre Vorstellungen aufzwängen. Die Gesellschaft bestehe dann aus Leuten, die der Meinung der Minderheit sind. Alle, die sich diesem Mainstream nicht anschließen, seien dann die moralisch Schlechten. Diese Intoleranz sei eine Gefahr für die Demokratie und für die persönliche Freiheit.

Als Beispiel für solch eine Intoleranz las die Referentin eine Kolumne über Boris Palmer, den Tübinger Oberbürgermeister, vor. Sie lobt darin dessen Mut, in der Flüchtlingsfrage als Kommunalpolitiker realistisch die Probleme zu benennen. Das war für die Partei der Grünen „die pure Ketzerei“. Palmer habe „das schmerzlich Notwendige“ gegen den Mainstream der Partei getan.

Eine Minderheit, die die Mehrheit beherrschen will, sieht die Journalistin in der Propagierung der Gendersprache. Bei diesem Thema bebt sie geradezu vor Empörung, denn ihre geliebte deutsche Sprache werde nun „verhunzt“. Die Sternchen, Unterstriche und Binnen-Is seien von Genderprofessorinnen in die Sprache gepresst, sogar von Ministerien übernommen und verordnet worden: „Wir können uns nicht dagegen wehren.“ Als groteskes Beispiel las sie die Kolumne „Grüß Gott, Herr Professorin“ vor. An der Uni Leipzig sollen alle Dozenten als „Professorinnen“ tituliert werden: „Das hat etwas Sektiererisches, ja Totalitäres, etwas Faschistisches“ an sich. Inzwischen habe die Zerstörung der Sprache auch in den öffentlichen Medien Einzug gehalten. Die Gen­derforschung betreibe auch eine sprachliche „Teufelsaustreiberei“. Keine Gaststätte darf noch „Zum Mohren“ heißen und die Tübinger Eberhard-Karls-Universität soll künftig nur noch „Universität Tübingen“ heißen, weil Graf Eberhard ein Antisemit und Karl ein absolutistischer Herrscher war.

Die studierte Politologin möchte in ihren Kolumnen bei allen polemischen Spitzen nicht polemisch sein, sondern „praktisch, normal und vernünftig“ urteilen. Dass sie bei aller Bissigkeit auch Humor hat und unterhalten kann, bewies sie am Schluss mit dem Text „Das Schweigen der Männer“. Es geht um das Fußballspielen und -schauen. Nach Krause-Burgers Texten wird man nicht nur den Fußball, sondern auch den gesellschaftlichen Mainstream kritischer sehen.Ulrich Staehle