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Ein herrischer Hahn haut alle vom Hocker

Auftritt Modern, pfiffig und mit viel Spielfreude agierten die Mimen des Kammertheaters Karlsruhe in dem Stück „Bremen sucht die Stadtmusikanten“. Von Sabine Ackermann

Wo geht’s lang? Ganz klar - überallhin. So kreativ wie die Kostüme war auch der Wortwitz auf der Bühne neben der Martinskirche.
Wo geht’s lang? Ganz klar - überallhin. So kreativ wie die Kostüme war auch der Wortwitz auf der Bühne neben der Martinskirche.

Langsam füllt sich der Platz bei der Kirchheimer Martinskirche, Kinder, Eltern und Großeltern verteilen sich auf den Stühlen. Schnell sind die wenigen Plätze im Schatten belegt, der große Rest hat einen Platz an, oder besser gesagt in der Sonne. Und Stühlerücken ist nicht, denn der Abstand muss gewahrt werden, weshalb jeweils zwei Stühle mit einem Kabelbinder aneinandergebunden sind. „Wir haben lange überlegt, spielen wir oder nicht?“, verrät Thomas Oßwald vom Bund der Selbständigen aus Kirchheim. Als BDS-Mitglied ist er einer der Ansprechpartner für die Stadt, die nach 2020 abermals mit dem „Kirchheimer Sommer“ dank kleiner Aktionen und Veranstaltungen die hiesige Kultur beleben möchte. Gut befreundet mit Bernd Gnann, konnte er den Schauspieler und Geschäftsführer des „Kammertheaters Karlsruhe“, das sich gerade auf einer deutschlandweit einzigartigen Freilichttour durch ganz Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz befindet, auch für die Teckstadt gewinnen.

Erst eins, dann zwei, dann drei - kaum setzt sich ein erstes Kind vor der Bühne auf den Boden, folgen flugs weitere. Im dortigen Schatten und viel näher am Geschehen, lässt sich das Treiben auf der Bühne gleich viel besser verfolgen. Auf dem Programm steht eine neue Adaption des bekannten Grimm-Märchens, das den Titel „Bremen sucht die Stadtmusikanten“ trägt. „Wir haben das martialische herausgezogen und dafür modernisiert“, erklärt Intendant Ingmar Otto. „Oma, kommen da auch echte Tiere?“, möchte ein etwa fünfjähriges Mädchen wissen. Bevor die Erklärung folgt, geht es auch schon schwungvoll los. „Hallo Kinder, das ist heutzutage nicht selbstverständlich, einen Platz mit so vielen Menschen zu füllen“, begrüßt der Hahn, gespielt von Manuel Dengler, der auch den Moderator gibt, die knapp hundert Zuschauer. Und das ganz in Rot gewandete Federvieh scheint das Sagen auf dem Bauernhof zu haben. Kräht er sich die Seele aus dem Leib, bellt der Hund, ­ge­spielt von Maja Sikora, die auch den Räuber mimt, lieber im Takt, während die Katze (Maike Merkel, auch Bäuerin und Jennifer) dazu mehr oder weniger melodisch miaut und der Esel (Christian Bindert, auch Nachbar und Räuber) wiehert, als gäbe es kein Morgen. Was allerdings dem Nachbarn nicht gefällt, denn er kann bei diesem Lärm partout nicht schlafen und gerät deswegen regelmäßig mit der Bäuerin in Streit. Als dem tierischen Quartett wegen Ruhestörung die Zwangsräumung droht, meldeten sie sich beim Gesangswettbewerb „Bremen sucht die Stadtmusikanten“ und machten sich gemeinsam auf den Weg dorthin, um gegen die Konkurrenz anzutreten.

„Wer ist denn Bremen?“, fragt der Esel mit spanischem Akzent und wundert sich, dass die keinen Song haben. Schnell sind sich die vier Tiere einig, ihr eigenes Ding zu machen, wie beispielsweise „ein Lied, was uns bewegt“, worauf die Katze erstaunt fragt: „Über ein Fahrrad?“ Von der ersten bis zur letzten Sekunde agieren alle vier Mimen mit Dynamik, Pep und ausgelassener Spielfreude, sorgen dafür, dass auf der Bühne immer was los ist. Kindgerechte und lustige Dialoge, wie „Sumsebienchen, freche Spatzen, hört jetzt auf zu schmatzen“ oder „Nie ohne Seife waschen“, als sich die lispelnde Katze mit diesem Satz die Himmelsrichtung merkt, verfolgen die Kinder sehr konzentriert.

Gute Musik und klasse Stimmen

Ein bemalter Hintergrund und wenige Deko-Elemente als Kulisse, kreative Kostüme, die das jeweilige Tier teilweise nur erahnen lassen, sowie launige Sprachfehler oder Dialekte - mehr braucht es nicht für gutes Kindertheater. Oder? Doch. Nämlich das Sahne­häubchen: gute Musik, klasse Stimmen, lebendige Choreografie. Mit ihren live gesungenen Liedern, darunter Hits von „Giraffenaffen“ sowie „Deine Freunde“, holen sie nicht nur das junge Publikum mit ins Boot, auch die Erwachsenen haben sichtlich Spaß.

Mit dem Karlsruher Kammertheater hatten nicht nur die jungen Zuschauer sichtlich ihren Spaß.Fotos: Sabine Ackermann
Mit dem Karlsruher Kammertheater hatten nicht nur die jungen Zuschauer sichtlich ihren Spaß.Fotos: Sabine Ackermann