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Ein Stück Gastlichkeit kehrt zurück

Wirtschaft Ab morgen dürfen Restaurants und Kneipen wieder Gäste bedienen. Trotz Auflagen und einer schwierigen Personalsituation sind die Wirte vorsichtig optimistisch. Von Thomas Zapp

Der große Jubelschrei ist unter den Gastronomen in Kirchheim und Umgebung noch nicht zu hören. Auch wenn die Nachricht des Gesundheitsamts gestern Nachmittag lautete, dass die Inzidenz mindestens fünf Werktage stabil unter dem Wert von 100 geblieben ist. Die offizielle Feststellung der Kreisbehörde ist die Voraussetzung dafür, dass am morgigen Freitag auch Gaststätten und Kneipen unter bestimmten Vorschriften wieder öffnen dürfen (siehe Kasten).

„Alle sind motiviert“, sagt Robert Ruthenberg, Inhaber des Res- taurants „Holz und Feuer“ im Kirchheimer Stadthotel Waldhorn, das morgen um 12 Uhr wieder für Gäste öffnet. Während der Schließung wurden der Saal umgebaut und eine Terrasse angelegt, die bald Premiere feiern soll. Wegen des eingeschränkten Betriebs bis 21 Uhr bietet er bis zum ersten Juni nur Holzofenpizza, Salate und Kuchen an. Aber die gesamte Mannschaft ist am Start, wobei jeder nur eine halbe Schicht macht. „Damit wir alle wieder reinkommen“, sagt er. Das Personalproblem nach mehr als sechs Monaten Pause ist groß. „Wir haben viele Leute verloren, weil sie die Branche gewechselt haben“, sagt er.

Auf der Suche nach einem Koch ist auch der Weilheimer Gastronom Jesse Burgmann vom „Burgmann‘s“. „Das Thema Fachkräfte wird uns Gastronomen noch um die Ohren fliegen, wenn alles wieder richtig losgeht“, glaubt der gebürtige Ostwestfale. Momentan heiße es, gut zu improvisieren, sagt er. Das bedeutet, anfangs lieber weniger einzukaufen. „Mehr kaufen geht immer“, sagt er. Lebensmittel wegzuwerfen, tue ihm mehr weh, als noch mal nachzukaufen. Er will erst am Dienstag, 1. Juni, öffnen, dann auch nur nachmittags bis 21 Uhr. „Den Mittagstisch lasse ich vorerst to go.“ Ansonsten gebe es eine Light-Variante der Karte. Schließlich würden drei Tage über der Inzidenz reichen, damit die Restaurants wieder schließen müssten. Ansonsten gilt für ihn als Absicherung für die Lebensmittel der Dreiklang „vakumieren, blanchieren, einfrieren“.

„Wir sind aber guter Dinge“, betont Jesse Bruckmann für einen Westfalen fast schon euphorisch. Er setzt darauf, dass sich die Besucher in Weilheim nicht von den Test-Vorschriften abschrecken lassen, sondern ein bisschen planen: morgens testen, mittags zum Friseur, danach ins Restaurant. Für die Registrierung bietet er zwar die Luca-App an. Aber Zettel sind weiterhin möglich, auch wenn das Landratsamt die digitale Erfassung empfiehlt.

Zu den Restaurants, die bereits morgen aufmachen, gehören in Kirchheim unter anderem das „Zum Fass“ und das Burger-Restaurant „Archies“ in Holzmaden. Das Kirchheimer „3K-Burger&More“ öffnet zwar erst am Freitag, 4. Juni, dafür aber schon um sechs Uhr morgens. „Los geht es um 5 Uhr mit einer Stadtführung mit Andreas Kenner“, sagt Inhaber Michael Holz. Treffpunkt ist um 5 Uhr an der Bastion. Wer nach sportlichen 1000 Jahren in 60 Minuten hungrig ist, kann sich im „3K“ ein Frühstück munden lassen. Für die Planung ist aber eine Anmeldung notwendig unter info@3k-Kirchheim.de.

Bei Weitem noch keine Euphorie, aber vorsichtiger Optimismus ist unter den befragten Gastronomen festzustellen. Auch Solidarität unter den Mitbewerbern ist zu spüren, man sitzt ja irgendwie im selben Boot. So hat Robert Ruthenberg sogar einen Tipp, wie Wirte eine Folge der Corona-Maßnahmen zu ihrem Vorteil nutzen können: „In der Corona-Krise wurde die Mehrwertsteuer für Lebensmittel auf sieben Prozent gesenkt. Das können sie bei einem Cappuccino, der zu 70 Prozent aus Milch besteht, problemlos anwenden“, sagt er.