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Flugrouten um die Teck bleiben gleich

Lärm Die Abflugroute am Stuttgarter Flughafen soll geändert werden. Dabei gibt es Gewinner und Verlierer. Die Region rund um Kirchheim ist nicht betroffen. Von Iris Häfner

Die Abflugroute am Stuttgarter Flughafen wird möglicherweise geändert. Foto: Carsten Riedl
Die Abflugroute am Stuttgarter Flughafen wird möglicherweise geändert. Foto: Carsten Riedl

Des einen Freud, des andern Leid: Während einige Kommunen dank der neuen Abflugroute vom Flughafen Stuttgart entlastet werden, sorgt der Plan in anderen Gemeinden für ordentlich Aufregung, weil sie dadurch stärker vom Fluglärm betroffen sind. Im Nürtinger Teilort Hardt und in Ober­ensingen formiert sich deshalb Widerstand gegen die Pläne der Fluglärmkommission. Die will im Herbst über eine mögliche neue Abflugroute in Richtung Süden beraten. Sie würde den Fluglärm für viele Menschen auf den Fildern sowie in Plochingen und Deizisau reduzieren - aber andersorts dagegen für mehr Lärm sorgen. Deshalb hat sich bereits die Bürger­initiative „Vereint gegen Fluglärm“ gegründet. Auch in Wolfschlugen, Köngen und Denkendorf schlagen die Wellen hoch.

Als Sachverständige „tingeln“ die beiden Piloten Marc Hasenbein von der Fluglinie Eurowings und Valentin Reinhardt von der Deutschen Lufthansa von Gemeinderatsitzung zu Gemeinderatsitzung. Beide sind in ihren Unternehmen nicht nur als Piloten, sondern auch als Experten für Fluglärm und -routen angestellt. Das interessierte beispielsweise in Wolfschlugen nicht nur das Gremium, sondern auch rund 100 Bürgerinnen und Bürger. „Die neue Flugroute bringt Nachteile für Wolfschlugen. Aber sie entlastet zugleich mehrere derzeit durch Fluglärm hochbelastete Kommunen“, begründete Valentin Reinhardt die Überlegungen. Statt über den Schurwald könne nach dem Start durch eine scharfe Rechtskurve auch der Sauhag überflogen werden. Dabei handelt es sich um ein großes Waldgebiet zwischen A 8, Wolfschlugen und Neuhausen.

In der Teckregion - in Kirchheim, Weilheim und Lenningen - herrscht wegen der neuen Flug­route dagegen derzeit Gelassenheit. Das Statement von Kirchheims Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader zur geplanten neuen Abflugroute am Flughafen Stutt­gart lautet: „Basierend auf den Berechnungen der Deutschen Flugsicherung ist Kirchheim von der geplanten Änderung der Abflugroute nicht betroffen. Mit einer Mehrbelastung durch Fluglärm ist nach aktuellem Stand nicht zu rechnen.“ Die Verwaltung stehe aber im Kontakt mit der Fluglärmkommission für den Flughafen Stuttgart und beobachte die Planungen sehr genau. „Sollten sich Änderungen ergeben, die Kirchheim betreffen, werden wir uns in die Gespräche einbringen“, erklärt Pascal Bader.

Die Antwort von Johannes Züfle, Bürgermeister in Weilheim, fällt zu dieser Sachlage recht kurz aus: „Da wir nicht Mitglied der Fluglärmkommission sind und auch nicht als betroffene Kommune zugeladen wurden, ist das aktuell kein Thema bei uns.“ Sein Kollege aus Lenningen, Michael Schlecht, sagt: „Meinen Informationen zufolge geht es bei der Änderung darum, dass die derzeitige Flugroute, die eher über das Neckartal geht, verändert werden soll beziehungsweise könnte. Die Route soll sich künftig über die Fildern ziehen. Daher sind unter anderem Wolfschlugen, Denkendorf und Nürtingen wenig erfreut darüber - Plochingen, Deizisau und Altbach schon mehr.“ Der ihm zur Zeit bekannte Vorschlag weise keine Änderung des Überflugkorridors für den Bereich der Gemeinde Lenningen aus, sodass dies (noch) kein Thema für Lenningen sei.

Im Lenninger Tal wurden Stimmen laut, dass dort in den späten Abendstunden deutlich mehr Flugverkehr zu beobachten sei und die Flugzeuge tiefer fliegen als in der Vergangenheit. Dem widerspricht Boris Pfetzing, Pressesprecher der Deutschen Flugsicherung in Süddeutschland: „Seit 15 Jahren gibt es in diesem Bereich keine Veränderung. Es gibt keine Regelung, dass die Flugzeuge tiefer fliegen.“ Der „Höchststand“ rund um den Stuttgarter Flughafen sei im Jahr 2007 mit rund 160 000 Flugbewegungen gewesen. „Von da an ging es kontinuierlich nach unten bis 2014. Da waren es 114 000. Den neuerlichen Höchststand hatten wir 2019 mit 140 000“, erklärt er.

Zwei Phänomene macht er für den subjektiven Eindruck aus. Wegen der Corona-Pandemie war es über einen langen Zeitraum ruhig, im Sommer hat der Flugverkehr jedoch wieder zugenommen. „Die Aufmerksamkeit ist deshalb hoch und damit einhergehend die höhere Wahrnehmung“, sagt Boris Pfetzing. Zudem würden bei schönen Wetter die Menschen draußen oder bei offenem Fenster in der Wohnung sitzen und deshalb die Flugzeuge vermehrt wahrnehmen.