Unzugeordnete Artikel

Fragwürdige Meinungsbildung

Zum Leserbrief „Nichts ausgedacht“ vom 19. März

Richtig, die „Welt am Sonntag“ veröffentlichte am 7.2. einen Artikel mit dem Titel „Maximale Kollaboration“ zur Causa BMI Strategiepapier. Die Autoren entnahmen einigen E-Mails vom RKI, deren Herausgabe Niko Härting erstritten hatte, dass repressive Maßnahmen ein wichtiges Ziel zur Coronabekämpfung darstellten. Die Rechtfertigung dazu sollte das RKI liefern. Die verantwortlichen Politiker würden sich bei den Grundrechtseinschränkungen auf die von ihnen korrumpierten Wissenschaftler berufen.

Im Netz wurde der Artikel ambivalent aufgenommen. Einige Kommentatoren lobten ihn, bei anderen wich die anfängliche Euphorie bald einer Ernüchterung: Sie kritisieren, dass Niko Härting mit seinen Anwälten die vollständige Herausgabe der 210-seitigen „Akte Panikpapier“ bis heute verweigert. Einige Journalisten und Wissenschaftler, die aktuell bei Niko Härting nach einer Veröffentlichung oder Einsicht in das Material anfragten, erhielten die barsche Antwort: „Der Prozess läuft noch.“ Seltsam nur, dass er dann zuvor die unvollständigen Dokumente an die Journalisten herausgeben durfte. Also eine fehlerhafte und manipulative Art zu berichten? Eine Luftnummer, die bisher keinen echten Bestand hat?

Eine Aufklärung des ganzen Vorfalls wäre kein Problem: Schon jetzt könnte man der Öffentlichkeit den Schriftverkehr zwischen Härting und RKI zugänglich machen. Weshalb zögert er? Ein echter investigativer Journalismus würde dies tun, und wer immer das täte, hätte die Chance, ein Held zu werden. So bleibt die ganze Angelegenheit eher undurchsichtig und wenig glaubwürdig. Oder weht der Wind etwa aus einer rechtsgerichteten politischen Ecke? Sollen Bürger manipuliert werden?

Fakten sind fundiert - das zum Schluss - und sehen anders aus; das zum Leserbrief und an die Schreiberin gerichtet. Trotzdem kann jeder glauben und meinen, was er will. Und das ist für mich immer noch ein Beweis, dass unsere Grundrechte noch nicht ausgehebelt sind. Deshalb ist jede weitere Diskussion zu diesem Thema für mich überflüssig.

Marlies Fitzner, Kirchheim