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Geistliches WortGott neu entdecken

Betene Hände Beten Gottesdienst
Betene Hände Beten Gottesdienst

Vor einiger Zeit kam ich mit einem circa 80-jährigen Mann ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er seit vielen Jahren keinen Bezug zur Kirche mehr hat. Als Teenager musste er unter Druck seiner Eltern zur Kirche. Lachend berichtete er mir von seinen „Schandtaten“, die er dem Pfarrer gebeichtet hat. Er bekam mit, dass der Pfarrer das ihm Anvertraute seiner Mutter weitergegeben hat. Diese war über die Taten ihres Sohnes so entsetzt, dass es für ihn eine Tracht Prügel setzte. Plötzlich rannen meinem Gegenüber Tränen über die Wangen und er sagte: Diese Erfahrungen in meiner Jugendzeit haben dazu geführt, dass ich nicht mehr den Weg zur Kirche beziehungsweise zum Glauben gefunden habe. Welch ein Schmerz lag in diesen Worten.

Solche oder ähnliche Geschichten könnten sicher viele Menschen erzählen, egal zu welcher Konfession sie gehörten. Durch solche Erlebnisse entstand in ihrem Inneren ein verzerrtes Bild von Gott und Glaube. Für sie ist Gott in erster Linie ein strenger Aufpasser, der mit „Segensentzug“ droht, wenn man nicht das richtige Verhalten an den Tag legt. Mit dieser Vorstellung kann zu Gott kein Vertrauen wachsen, sondern Angst wird zur Basis des Glaubens. Vor 500 Jahren war diese Gottesvorstellung sicher noch extremer. Menschen erlebten durch den Glauben an Gott nicht Befreiung, sondern kamen unter die Knechtschaft von gesetzlicher Religion.

Der Reformator Martin Luther rang selbst mit seinem inneren Bild von Gott. Bis er eines entdeckte: Dass der wahre Gott der Bibel ein Gott der Gnade ist. Diese Gnade, die nicht abhängig ist vom menschlichen Tun, sondern von dem Werk, das Jesus Chris­tus getan hat. Diese ­Erkenntnis hat sein Leben revolutioniert und ihn motiviert, die Reformation in Gang zu setzen. Am heutigen Reformationstag erinnern sich die Bürger daran, wie die Herzenserkenntnis eines Menschen Auswirkungen auf den ganzen Globus hatte. Welches Bild von Gott prägt das Denken? Was sind verzerrte Bilder? Ich lade dazu ein, das Verständnis über Gott zu überprüfen und sich neu auf eine Entdeckungsreise zu begeben. Durch das Lesen der Evangelien zeigt sich das Wesen Gottes in der Person Jesu Christi. An ihm nimmt man wahr, wie Gott wirklich ist.

Günter Öhrlich Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde