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Geistliches WortMut zum Gebet

Das mit dem Beten ist so eine Sache. Aber ich bin davon überzeugt: Menschen beten. Vielleicht weil sie eine große Bitte haben. Sie tun es, weil ihnen das Wasser bis zur Kehle steht. Sie tun es für sich und auch für andere. Bestimmt tun sie es nicht nur in Kummer und Not, sondern auch aus höchster Freude und Dankbarkeit.

Viele Menschen sagen heutzutage auch: Ich wünschte mir, ich könnte regelmäßig beten, aber ich bete immer nur dann, wenn es mir ganz schlecht geht. Dann rufe ich: „Bitte, lieber Gott, hilf mir.“ Ob er dann wirklich immer gleich hilft und vor allem noch so, wie man es sich vorstellt? Bei manchen Menschen gibt es darum viel Enttäuschung. Vielleicht ist eine dringende, nur zu berechtigte Bitte nicht erfüllt worden. Die Hauptursache mancher Enttäuschung liegt womöglich in einer falschen Vorstellung, die Menschen vom Beten haben. Das Gebet ist kein Wunschzettel, den der „liebe Gott“ liest, um ihn umgehend zu erfüllen. Es soll ja Menschen geben, die denken, das Gebet sei eine Art Fallschirm im Notkoffer des Lebens, wo man in höchster Not die Reißleine ziehen kann. Natürlich weiß jeder, dass es so einfach nicht gehen kann. Wer im Gebet an das Gute und Schöne denkt, was ihm widerfährt, spürt wie von selbst Dankbarkeit Gott gegenüber. Wer betet, entgeht der Gefahr, das Dunkle und Widerständige seines Lebens übergroß wahrzunehmen und das Gute darüber zu vergessen. Der erlebt vielleicht sogar, dass das Gebet seine Zauberkraft auch in den dunklen Stunden entfalten kann.

Es waren einmal zwei Mönche, die rauchten gerne einmal eine gute Zigarre. Da es nun eine ganze Weile braucht, bis eine Zigarre geraucht ist, fragte einer der beiden seinen Abt: „Ehrwürdiger Abt, darf man beim Beten rauchen?“ Der Abt schaute etwas pikiert drein, als er ihm die naheliegende Antwort gab: „Nein, beim Beten rauchen, das tut man natürlich nicht!“ Da dachte der andere Mönch, der dabei zugehört hatte, eine Weile nach und fragte dann: „Ehrwürdiger Abt, aber beim Rauchen, darf man da beten?“ Nun strahlte der Abt, als er antwortete: „Ei freilich, warum denn nicht! Man kann doch in jeder Situation beten!“

Arnd Kaiser

Pfarrer der evangelischen Stadtkirchengemeinde Kirchheim