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Geistliches WortNein und Ja

Menschen, die mit sich und der Welt im Einklang leben, sind zu beneiden. Sie sind immer gern gesehen, sie sind beliebt, begehrt und in der glücklichen Lage, bei allem, was sie tun, mit Zustimmung rechnen zu können. Ein Traum. Es gibt solche Menschen. Aber sie sind selten. Unsere Erfahrung ist oft sehr anders. Wir sind mit dem Nein anderer konfrontiert. Von Kind an. Das Nein der Eltern, sobald wir unsere eigenen Ideen entwickeln. Das Nein in Schule und Ausbildung, wenn wir den Anforderungen nicht genügen. Das Nein als Antwort auf die Bewerbung, in die wir unsere Hoffnung gesetzt haben.

Das Nein von Menschen, die uns - aus welchen Gründen auch immer - abweisen. Wir müssen damit leben. Und hoffentlich gibt es in allen enttäuschenden Erfahrungen auch noch genügend Menschen, die es gut mit uns meinen, die uns wertschätzen und loben, die ein Ja zu uns haben. Das wünschen wir uns natürlich zuallererst von dem Menschen, der oder die uns am nächsten steht, von der eigenen Familie und von Freunden. Gerade sie können, besonders in Krisenzeiten, zu unseren wichtigsten Stützen werden - oder zur größten Enttäuschung.

Zum Kreuzweg Jesu zählt auch diese Erfahrung. Ausgerechnet einer seiner engsten Vertrauten, nämlich Petrus, hat Nein gesagt. Jesus? Nein, den kenne ich nicht. Ich weiß nicht, wer das sein soll. Es ist eigentlich nicht zu begreifen. Petrus ist nämlich derjenige, der sich am weitesten vorwagt, nämlich bis in den Hof des Gerichtsgebäudes, in dem Jesus der Prozess gemacht wird. Alle anderen Freunde von Jesus waren längst über alle Berge. Nur Petrus hat sich nicht abschrecken lassen. Er möchte seinem Freund so nah wie möglich sein, gerade jetzt, in dieser bedrängenden Situation. Und dann das: Als man ihn dort, im Hof des Gerichtsgebäudes, mit Jesus in Verbindung bringt, knickt er ein. Nein. Den kenne ich nicht.

Auch Jesus musste mit dem Nein der Menschen leben. Sogar mit dem Nein seiner besten Freunde. Wie bitter für ihn. Noch schlimmer war dann nur noch die Erfahrung, die er mit Gott, den er seinen Vater nannte, machen musste: Gott hüllte sich in Schweigen. Er hat nicht eingegriffen. Bis zuletzt. War das ein Nein zu seinem Leben? Ich kenne Gott als Ja-Sager. Er hat mich gewollt. Er hat alle gewollt. Er sagt Ja zum Leben. Gott sagt auch dann noch Ja zu mir, wenn ich Fehler mache, wenn ich Schuld auf mich lade, wenn ich versage. Das hat übrigens auch Petrus erfahren. Er konnte sich die Geschichte im Hof des Gerichts nicht verzeihen. Für ihn war das Nein zu seinem Freund nicht wiedergutzumachen. Wer ihn gerettet hat, war - Jesus. Gott ist ein Ja-Sager. Er liebt das Leben. Er liebt die Menschen. Er liebt seine Schöpfung. Sein Ja hält durch. Es überdauert jede Krise.

Stefan Herb Pastor der Evangelisch-methodistischen ­Zionskirche in Kirchheim