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Geistliches WortOchs und Esel

Sie sind die typischen Stallbewohner in den Weihnachtskrippen, die wir in diesen Advents- und Weihnachtstagen zunehmend sehen - Ochs und Esel. Dabei kommen die beiden in der Weihnachtsgeschichte gar nicht vor. Man weiß nicht genau, wie sie in den Stall von Bethlehem gekommen sind.

Wahrscheinlich waren sie tatsächlich dort. Sie werden jedoch an anderer Stelle in der Bibel genannt, bei dem Propheten Jesaja (Kapitel 1 Vers 3). So wie ein Ochse und ein Esel wissen, wo die Futterkrippe steht, wo es zu fressen und den vertrauten Stall gibt, wünscht Jesaja den Israeliten ein ähnliches, selbstverständliches Verhalten in ihrer Beziehung zu Gott. Dass sie wissen, wer ihr Gott ist und dass sie nicht toten Götzen nachlaufen.

In was für verrückten Zeiten leben wir heute. Die Politiker ringen um die richtigen Konzepte gegen die Pandemie, gegen das Virus. Ein Gegner, den man mit den Augen nicht sieht, dessen Spuren jedoch bei den Covid-19-Erkrankten massiv deutlich werden und auf den Intensivstationen tödlich enden können. Und Querdenker, die die Maskenpflicht, die Einschränkung der Freiheitsrechte und die Verordnungen „von oben“ als entmündigend erleben. Auf der einen Seite die Wissenschaft, die uns das Virus und die Folgen plausibel erklären kann. Auf der anderen Seite die „Seher und Propheten“, die hinter dem ganzen Spuk die Machenschaften weniger mächtiger Menschen sehen und behaupten, dass nur sie recht haben.

Ich gestehe, dass mir hier die mühsam errungenen Einsichten der Wissenschaft plausibler scheinen als Behauptungen und Vermutungen. Eine letzte Sicherheit vermögen beide nicht geben. Wenn es um Gewissheit geht, dann folge ich lieber dem Instinkt von Ochs und Esel. Sie leiten mich zu dem Kind in Bethlehems Stall. Dort kam der Sohn Gottes zur Welt. Bei ihm weiß ich mich zu Hause, wie unsichtbar für mein Auge auch die Gegner sind. Mit ihm feiern wir seine Geburt, unter welchen Bedingungen auch immer. Auf jeden Fall im eigenen Herzen.

Wilfried Veeser

Pfarrer in Dettingen