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Geistliches WortZuflucht in den Himmel

Es ist schon einige Jahre her, da war im Kalender „Der andere Advent“ eine Geschichte von André Heller zu lesen, die mir heute, am Himmelfahrtstag 2021, wieder in den Sinn kommt. Man könnte diese Geschichte überschreiben mit „Wie überstehen Menschen schreckliche und schwere Zeiten?“ Ich denke an Menschen in der Corona-Pandemie, an Geflüchtete, an Menschen, die schwer krank sind, an Menschen, die ihr Liebstes hergeben müssen.

Weil ich die Geschichte nicht mehr gefunden habe, kann ich sie nur noch aus der Erinnerung erzählen. Sie geht ungefähr so: André Heller und ein alter Mann beobachten auf dem Balkon eines Hotels ein Gewitter. Der Mann sagt: “Im Konzentrationslager war alles, worüber die Nazis keine Macht hatten, mein Trost: Die Wolken, das Wetter, die Jahreszeiten. Tag und Nacht. Regen und Wind.

Die Wälder konnten sie abholzen. Die Vögel, die am Himmel flogen, konnten sie abschießen. Und selbst die Berge konnten sie in die Luft sprengen. Aber über alles, was darüber war - über den Mond, die Sonne, die Sterne, über Blitz und Donner hatten sie keine Gewalt. Dorthin, in die Welt des Himmels, bin ich im KZ in Gedanken tausendmal übergesiedelt. Dort gab es keine Verbrechen und keine Not. Das hat mir das Leben gerettet. Die Zuflucht in den Himmel.“

Seither trägt der alte Mann einen Ausweis bei sich, den er sich selbst ausgestellt hat. Auf diesem steht: „Himmelsbürger“. Er erklärt das so: „So vieles im Leben ist Erde. All das Schreckliche, das ich erlebt habe. Aber ich bin gehimmelt.“ Ich finde „gehimmelt“ ist ein wunderschönes Wort. Es klingt so nach Freiheit und gleichzeitig nach Geborgenheit, nach Leichtigkeit und Freude - nach Himmel eben.

Ob sich das, was uns die Bibel über die Himmelfahrt Jesu berichtet, wirklich genauso abgespielt hat, wissen wir nicht. Aber ich bin davon überzeugt: Es hat einen tiefen Sinn, dass in der Geschichte erzählt wird, wie Jesus vor den Augen seiner engsten Freunde in den Himmel aufgehoben wird. Sie hatten Schreckliches erlebt. Seine Verurteilung, seine Hinrichtung, seinen Tod. Das alles hatte ihr Leben völlig durcheinandergebracht. Und nach seiner Auferstehung, die ja auch Freude und Schrecken gleichzeitig war, stand nun wieder ein Abschied an. Der endgültige.

Aber nun wissen sie: Jesus ist wieder im Himmel. Bei Gott. Durch das, was sie ganz am Ende von Jesu irdischem Leben miterleben dürfen, werden sie „gehimmelt“. Und wir, für die diese Geschichte aufgeschrieben ist, mit ihnen.

Ute Stolz

Pfarrerin in Hepsisau und Neidlingen