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Gemeinderäte lassen Sitzung platzen

Eklat Der Streit über die Erhöhung von Kindergartengebühren in Lichtenwald eskaliert. Weil Bürgermeister ­ Ferdinand Rentschler keine Fragen von Bürgern zulassen will, verlassen zwei Fraktionen die Sitzung. Von Peter Stotz

Bevor der Gemeinderat zu seiner Sitzung zusammenkam, ließen Eltern vor dem Bürgerzentrum ihrem Unmut freien Lauf. Foto: Peter St
Bevor der Gemeinderat zu seiner Sitzung zusammenkam, ließen Eltern vor dem Bürgerzentrum ihrem Unmut freien Lauf. Foto: Peter Stotz

Der Lichtenwalder Gemeinderat hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit der Höhe der Kindergartengebühr beschäftigt. Dabei war klar, dass die Neufestsetzung nicht ohne zusätzliche Belastungen über die Bühne gehen würde. Etliche Eltern brachten bei einer Kundgebung vor Beginn der Sitzung ihren Unmut zum Ausdruck. Einige von ihnen verlangten in der Bürgerfragestunde eine Debatte über die Gebührenhöhe, was Bürgermeis­ter Ferdinand Rentschler jedoch mit Verweis auf die Geschäftsordnung des Gremiums ablehnte. „Es ist eine Fragestunde zu Themen, die nicht auf der Tagesordnung stehen“, erklärte er. Da Rentschler auch einen Antrag von CDU-Rat Werner Kiepfer auf Durchführung einer - nach der Geschäftsordnung des Gemeinderats möglichen - Anhörung der Eltern nicht zuließ, verließen die Fraktionen der LBL und der FUW nach kurzer Beratung ­geschlossen den Saal und ließen damit die Sitzung wegen mangelnder Beschlussfähigkeit platzen.

„Das war notwendig. In der Geschäftsordnung steht nichts davon, dass Bürger zu einem Thema der Tagesordnung keine Fragen stellen dürfen“, sagte ein Ratsmitglied im Nachgang. Bürgermeister Rentsch­ler benötige „deutlich mehr Fingerspitzengefühl“ im Umgang mit den Bürgern. Ganz grundsätzlich müsse die Debattenkultur in der Gemeinde auf den Prüfstand. Seit geraumer Zeit beschäftigen sich der Lichtenwalder Gemeinderat und die Verwaltung mit der Aufgabe, den Gemeindehaushalt konsolidieren zu müssen, ohne dabei wesentliche Leistungen zu streichen oder allzu sehr an der Schraube der Gebühren, Abgaben und Kommunalsteuern zu drehen. So liegt die Gemeinde bei den Kindergartengebühren seit Jahren weit unter dem von den kommunalen und kirchlichen Landesverbänden empfohlenen Kostendeckungsgrad von 20 Prozent und erwartet im laufenden Haushaltsjahr ein Defizit von mehr als 900 000 Euro.

Wollte man sich jedoch bei der Gebührenhöhe den Empfehlungen annähern, wäre die Kinderbetreuung für manche Familien schlichtweg nicht mehr bezahlbar. Die nun zur Abstimmung vorliegende, zu sammen mit einem externen Büro erarbeitete und in den vergangenen Wochen mehrfach debattierte Lösung sieht im Wesentlichen eine Vereinheitlichung der Gebühren für die Betreuung in den statio­nären Kindertagesstätten und im Waldkindergarten sowie Abstriche bei den bisher üblichen Rabatten für Familien mit mehreren Kindern vor. Dies könnte das Loch in der Haushaltskasse verkleinern, wäre jedoch für einige Familien mit einem deutlichen Anstieg der Gebühren verbunden.

Die Elternvertretungen der Kindergärten hatten bereits schriftlich klar gemacht, dass sie den neuen ­Gebührensätzen und den reduzierten Rabatten nicht zustimmen können. Außerdem bemängeln sie fehlende Transparenz bei den kalkulatorischen Grundlagen. Auch einige der Besucher der Ratssitzung ärgerten sich. „Wo sollen wir Bürger denn sonst Fragen stellen und so wichtige Sachen diskutieren?“ Einige Eltern wollen vor einer Entscheidung über die Gebühren eine erneute Diskussion mit der Gemeinde, eventuell im Rahmen eines Workshops.

Wie die Verwaltung mitteilt, wird die geplatzte Sitzung des Gremiums am Mittwoch, 4. August, um 19 Uhr im Bürgerzent­rum nachgeholt.

Bürgerbeteiligung und Betreuungsangebote

Fragestunde: Nach Paragraf 27 der Geschäftsordnung des Gemeinderats können Einwohner zu Beginn der öffent­lichen Sitzung „Fragen zu Gemeindeangelegen­heiten stellen oder Anregungen und Vorschläge unterbreiten“. Ausschlusskriterien wie Tagesordnungspunkte sind nicht notiert. Nach Paragraf 28 kann der Gemeinderat „betroffenen Personen und -gruppen Gelegenheit geben, ihre Auffassung vorzutragen“. Gremiumsmitglieder können eine Anhörung beantragen.

Kindergarten­gebühren: In den Kinderhäusern Hegenlohe und Thomashardt sowie im Waldkindergarten stehen insgesamt 144 Betreuungsplätze zur Verfügung. Die Einrichtungen sind im Schnitt zu 86 Prozent belegt. Die Gebühren orientieren sich an den Empfehlungen der kommunalen und kirchlichen Landes­verbände, die einen Kostendeckungsgrad von 20 Prozent anstreben. Für das laufende Haushaltsjahr wird von einem Deckungsgrad von 13 Prozent ausgegangen, dies bedeutet für Lichtenwald einen Abmangel von 900 000 Euro.ez