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Hoffnungsträger und Youtube-Stars

Schule Lehrer im Landkreis Esslingen werden in diesem Jahr erstmalig dezentral vereidigt.

Mit genügend Abstand legten die Junglehrer ihren Diensteid ab.
Mit genügend Abstand legten die Junglehrer ihren Diensteid ab.

Region. „Ja, das Virus verändert unser aller Leben - auch Ihre Lehramtsanwärterzeit war deutlich anders, als Sie es sich wahrscheinlich vorgestellt haben“, sagte Dutschk zu den 25 jungen Lehrern im Musiksaal der Realschulen am Neckar. Selbst die Vereidigung der Lehrer im Landkreis Esslingen läuft in diesem Jahr ganz anders als gewöhnlich.

Anstatt alle neu eingestellten Pädagogen wie üblich am letzten Ferientag zu vereidigen, legen die jungen Frauen und Männer in diesem Jahr getrennt in kleinen Gruppen den Diensteid ab. Gestern sind die ersten 62 Lehrer im Landkreis in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg eingetreten. Sie sind dem Aufruf des Kultusminis­teriums gefolgt und hatten sich bereiterklärt, in den 14-tägigen Lernbrücken in den Sommerferien zu unterrichten.

Eine der Freiwilligen ist ­Jessica Walter. Sie fängt als Lehrerin an der Wendlinger Johannes-Kepler-­Realschule an. „Die Lernbrücken geben uns die Möglichkeit, die Schule und die Kollegen schon einmal im kleinen Rahmen kennenzulernen, bevor es dann richtig losgeht.“

Den Schülern dienen die Lernbrücken als Nachhilfeunterricht. So sollen die durch den Schulausfall entstandenen Wissenslücken geschlossen werden. Der Lernbrücken-Unterricht ist gestern in ganz Baden-Württemberg gestartet.

Schulamtsleiterin Dutschk lobte den Einsatz der Freiwilligen: „Sie haben sich dafür entschieden, in den letzten zwei Wochen der Sommerferien Kindern und Jugendlichen zu helfen, die Lernlücken zu schließen, die in den letzten Wochen entstanden sind. Das ist einfach nur großartig.“ In einer Zeit, in der digitaler Fernlernunterricht eine immer größere Rolle spielt, seien die jungen Lehrer die neuen „Hoffnungsträger“, so Dutschk. „Wir brauchen Sie dringend.“ Sie verglich die Lehrkräfte mit Youtube-Stars, die ihr Arbeitszimmer in ein Filmstudio verwandeln, um von dort aus Unterricht zu geben. Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass der Beruf des Lehrers ein Beziehungsberuf bleibt: „Der unmittelbare persönliche Kontakt ist eine Voraussetzung für erfolgreiches Lernen - auch das hat Corona eindrucksvoll bewiesen.“

Selten seien Lehrer und Schulen so auf den Prüfstand gestellt worden wie in den vergangenen Monaten. Über die teils kritische Berichterstattung in den Medien habe sich Dutschk geärgert. Sie kritisierte aber auch das Verhalten einiger Eltern, die regelrechtes „Lehrer-Bashing“ betrieben: „Offensichtlich war es für Eltern noch nie so einfach, ihre Meinung einer breiten Öffentlichkeit kundzutun.“

„Sorgen Sie dafür, dass das Bild vom Lehrer, der morgens recht und mittags frei hat, endlich dort hinkommt, wo es hingehört, nämlich in den Bereich der Mythen und Märchen“, appellierte Dutschk.Matthäus Klemke