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Ironie und Ernsthaftigkeit

Zum Leserbrief „Deutsches Vorrecht?“ vom 5. Juli

Lieber Herr Kromer, ich unterstelle jetzt einfach mal, Sie waren nicht mit auf dem Boot von Frau Rackete. Ich auch nicht. Worüber ich sehr dankbar bin. Die Situation, mit 53 verzweifelten Menschen auf engstem Raum, können wir uns wohl alle mit ein klein wenig Einfühlungsvermögen vorstellen. Frau Rackete versuchte diesen Menschen - die leider nicht das Glück von uns beiden hatten - zu helfen. Wenn jetzt deutsche Politiker im Jahre 2019 einer Bürgerin ihres Landes Unterstützung zukommen lassen und Sie, Herr Kromer, das jetzt missbilligen, dann würgt es mich im ganzen Körper. Interessieren würde es mich brennend, wie Sie die Unabhängigkeit der dortigen Justiz im Gegensatz zu unserer deutschen „abhängigen“ Justiz begründen. Gründe zu verzweifeln gibt es bei diesem komplexen Sachverhalt sicher genug. Wenn Sie schon einen Leserbrief gegen unsere Politiker schreiben, warum fordern Sie nicht ein, was wirklich notwendig wäre? Nämlich eine gemeinsame gesamteuropäische Strategie zur Lösung des Flüchtlingsthemas.

Wenn ich mit den Menschen in Italien spreche, erfahre ich anderes. Nämlich, dass sehr häufig gegen den eigenen Staat gewettert wird - Norden gegen Süden, mafiöse Strukturen, die vor allem den Süden immer noch fest im Griff haben. Rassismus leider allerorts, schauen Sie sich dort einfach mal ein Fußballspiel an. Probleme in der Wirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit und alle paar Monate eine neue Regierung - gut, der letzte Teilsatz war jetzt ein klein wenig übertrieben. Aber ehrlich: Einen wie Berlusconi haben die Deutschen seit dem Krieg nicht mehr an ihre Spitze gewählt. Und das ist sehr gut so. Damit das so bleibt, können wir alle unseren Teil dazu beitragen. Und damit meine ich nicht nur den Gang zur Wahlurne. Ihr ernsthaft gemeinter Schluss hat mir gut gefallen. Für Faschismus - die Farbe spielt hier keine Rolle - darf es in diesem Land keinen Platz mehr geben. Nie mehr.

Peter Müllner, Kirchheim