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Kette rechts in Richtung City

Verkehr Ein Radschnellweg von Kirchheim über die Filder in die Landeshauptstadt soll Berufspendler beflügeln. Der Landkreis beteiligt sich an einer Machbarkeitsstudie, die im Mai vorliegen soll. Von Bernd Köble

Vom Kreisverkehr in Köngen geht es hinauf nach Denkendorf in Richtung Fildern.Foto: Carsten Riedl
Vom Kreisverkehr in Köngen geht es hinauf nach Denkendorf in Richtung Fildern.Foto: Carsten Riedl

Es soll Lust auf mehr machen: In diesen Tagen ist zwischen Ebersbach und Reichenbach mit dem Bau der ersten Meter Radschnellweg durchs Filstal begonnen worden. Das 1,3 Kilometer lange Teilstück soll im September fertig sein. Bis die Radler-Autobahn das Neckartal erreicht, wo sie irgendwann in die Landeshauptstadt führen soll, wird es allerdings noch Jahre dauern. Nicht nur weil der Bau des 60 Millionen Euro teuren Pilotprojekts der Landesregierung aufwendig ist, sondern weil sich in Städten wie Plochingen und Esslingen Widerstand gegen die Ideallinie entlang des Neckars regt.

Die Magistrale durchs staugeplagte Neckartal ist vielleicht der ehrgeizigste Beitrag auf dem steinigen Weg zur Mobilitätswende, aber längst nicht der einzige. Am Donnerstag hat sich der Umweltausschuss des Esslinger Kreistags mit weiteren Plänen befasst. Aufwand und Nutzen einer Direktverbindung von Kirchheim über die Filder ins Stuttgarter Zentrum wollen Land und Kreis gemeinsam prüfen. Die Machbarkeitsstudie zur 20 Kilometer langen Trasse über Köngen, Denkendorf und Ostfildern nach Sillenbuch soll im Mai kommenden Jahres vorliegen. Der Landkreis beteiligt sich mit 20 Prozent an den geschätzten Kosten der Voruntersuchung in Höhe von 83 000 Euro.

Rückenwind erhalten die Radler schon mal aus Kirchheim. Wer im Alltag Menschen aufs Rad bringen wolle, müsse nicht nur direkte Wege bieten, sondern auch solche, die Spaß machen, sagt Bürgermeister Günter Riemer, der für die Freien Wähler im Kreistag sitzt. Riemer war dereinst immerhin schon Präsident des Württembergischen Radsportverbands und sieht sich als Wasserträger im Rennen um mehr Radwegkilometer. Wenn er sich in seiner Freizeit in den Sattel schwingt, gerät ihm der Spaß allerdings schon mal zwischen die Speichen. Etwa beim Selbstversuch, über Wendlingen und die Filder nach Stuttgart zu kommen. Auf einem Hindernis-Parcours, den der radelnde Schultes in drei knappen Worten beschreibt: „Poller, Schotter, Bordsteinkanten.“ In der SPD-Kreisrätin Angelika Matt-Heidecker findet Riemer - um im Jargon zu bleiben - eine Edelhelferin. „Von Kirchheim ohne Stopps bis an die Stadtgrenze Stuttgarts - das hat schon was“, kann sich auch Kirchheims ehemalige Oberbürgermeisterin dem Charme einer Zweirad-Direttissima zwischen Teckstadt und Landesmetropole nicht erwehren.

Der politische Wille ist da. Die Chancen stehen gut. Schon allein deshalb, weil nicht wenige Verkehrsexperten der Überzeugung sind, dass in der Trasse über die Filder sogar mehr Potenzial steckt als in der Strecke durchs Neckartal. Der Grund liegt auf der Hand: Im Abschnitt zwischen Denkendorf, Scharnhauser Park und Stuttgart liegen nicht nur ein beträchtlicher Teil der Arbeitsplätze im Landkreis, sondern auch zahlreiche Schulen und Bildungseinrichtungen. Der größte Hemmschuh für Radler ist überdies auch keiner mehr: Der Anstieg von Köngen hinauf auf die Filderebene ist mit dem E-Bike schließlich ein Klacks.