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Kirchheim legt alte Aktien zu den Akten

Geldanlage Wegen Strafzinsen wickelt die Stadt den „Kirchheim-unter-Teck-Fonds“ nach bald 20 Jahren endgültig ab.

Kirchheim. Die Kirchheimer Kommunalpolitik verabschiedet sich von einem guten alten Bekannten: vom „Kirchheim-unter-Teck-Fonds“. Seit 2000 haben die Stadt Kirchheim und der nach ihr benannte Fonds, über den sie die alleinige Verfügungsgewalt hatte, gemeinsam viele Höhen und Tiefen durchlebt. Bei Tiefpunkten der städtischen Finanzen richteten sich die Blicke von Rat und Verwaltung begehrlich auf die zweistellige Millionensumme, die der Fonds bereithielt. Bei Hochpunkten der Fondsentwicklung schlug auch das Herz der Kommunalpolitiker entsprechend höher. Bei schlechter Performance allerdings geriet der Fonds allzu schnell und allzu heftig in die Kritik.

Er vernichte städtisches Vermögen, hieß es schon vor über zehn Jahren: Die Terroranschläge vom 11. September 2001 hatten dem Fonds Verluste von bis zu sieben Prozent beschert, weil ein Teil des Geldes in Aktien angelegt war und weil die Aktien damals auf Talfahrt gingen. Angelegt hatte die Stadt Kirchheim in dem Fonds das Geld, das sie - wie die meisten anderen Kommunen auch - um die Jahrtausendwende durch den Verkauf ihrer Neckarwerks-Aktien erhalten hatte. Gedacht war an eine langfristige Geldanlage, aus deren Überschüssen man sich gelegentlich bedienen könne, deren Grundstock aber nicht unbedingt angegriffen werden sollte.

Letzteres war ein weiterer Kritikpunkt, weil es bereits 2003 zu einer Entnahme gekommen war, die die Überschüsse um mehr als 50 Prozent überstieg. So betrachtet, wurde durch diese eine Entnahme tatsächlich „Vermögen vernichtet“. Allerdings wäre gegenzurechnen, was die Stadt an Zinsausgaben gehabt hätte, wären die 4,3 Millionen Euro damals nicht dem Fonds entnommen, sondern als Kredit aufgenommen worden.

Der Fonds fällt in Ungnade

Jetzt sind alle Überlegungen von damals überflüssig, denn durch die aktuell anhaltende Zinspolitik ist der Kirchheim-Fonds gänzlich in Ungnade gefallen: Er würde das Vermögen mittlerweile im laufenden Betrieb vernichten, indem er sich selbst aufzehrt. Vor 20 Jahren war auf keinen Fall an eine derartige Entwicklung zu denken, wie sie Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker nun im Gemeinderat beschrieb: „Wir müssten jetzt Strafzinsen zahlen.“

Solche Strafen zahlen will dann doch niemand. Deswegen wird der Fonds noch im ersten Halbjahr 2019 abgewickelt. Die verbleibenden knapp zwölf Millionen Euro fließen in den städtischen Haushalt und sorgen dort kurzfristig für eine deutlich höhere Liquidität. Nach aktueller Liquiditätsplanung wäre das gesamte Geld allerdings bis Ende 2020 tatsächlich „vernichtet“.Andreas Volz