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Mit der eigenen Firma aus der Krise

Wirtschaft Der Lenninger Joachim Renz trotzt mit einer Unternehmensgründung der Corona-Pandemie. Der Personaldienstleister hat fast 60 Mitarbeiter. Von Anke Kirsammer

Sandor Kovach (links) und Joachim Renz sind die beiden Geschäftsführer der PDH GmbH, ein Personaldienstleister für Handwerk. Ein
Sandor Kovach (links) und Joachim Renz sind die beiden Geschäftsführer der PDH GmbH, ein Personaldienstleister für Handwerk. Eingesetzt werden ihre Mitarbeiter hauptsächlich im süddeutschen Raum im sogenannten Baunebengewerbe. Foto: Carsten Riedl

Beruflich ging es bei Joachim Renz fast 40 Jahre lang nur nach oben. Nach der Weiterbildung zum Industriemeister wechselte der Lenninger rasch in den kaufmännischen Bereich und stieg in einem größeren mittelständischen Unternehmen in die Führungsriege auf. Mit 50 wurde ihm der Job als Prokurist in einem Logistikunternehmen angeboten, drei Jahre später folgte die Übernahme der Geschäftsführung bei einem Personaldienstleis- ter. Als der vom weltweit größten Konkurrenten geschluckt wurde, stand Joachim Renz nach einen Aufhebungsvertrag auf der Straße. „Ich steckte in einem großen Loch“, sagt er im Rückblick. Daran änderte auch die kapitale Abfindung nichts.

Dass ihm das Arbeitsamt nicht wirklich weiterhelfen konnte, war dem damals 59-jährigen Familienvater schnell klar. Also schrieb er erstmals nach 37 Jahren wieder Bewerbungen. „Ich wusste, dass ich mir nur selbst helfen kann“, sagt er. Kontakte und die zündende Idee von einem Freund waren letztlich der Schlüssel zum Er-folg. Zusammen mit ihm und dem Geschäftsführerkollegen Sandor Kovach gründete er im Dezember 2019 die PDH GmbH, ein Personaldienstleister für Handwerk. Tatsächlich loslegen konnte die Firma am 1. April vergangenen Jah-res, als die Erlaubnis für die Arbeitnehmerüberlassung vorlag.

Inzwischen beschäftigt das Unternehmen fast 60 Mitarbeiter, meistens Facharbeiter oder Leute mit langjähriger Erfahrung, weitere warten auf eine Anstellung. Überwiegend sind es Mitarbeiter aus dem Baunebengewerbe wie Lüftung, Heizung, Sanitär. Sie kommen vor allem aus Ungarn beziehungsweise aus dem europäischen Ausland. Gute Bedingungen, das heißt für den Geschäftsführer nicht nur, den Mitarbeitern deutlich mehr als den Mindestlohn zu zahlen, sondern sich auch um sie zu kümmern. Zwei Drittel leben in Wohnungen beziehungsweise Häusern, die die PDH für sie in der Umgebung anmietet. So hat die Firma zum Beispiel sieben Mitarbeiter eingestellt, die vorher in einem Zehn-Bett-Zimmer mit einer Dusche und nur einer Toilette gewohnt hatten. Heute teilen sie sich ein ganzes Haus mit drei Duschen und drei WCs.Zudem werden die Mitarbeiter bei Bedarf bei Behördengängen, Arztbesuchen und Ähnlichem begleitet. Für die Fahrt zur Baustelle bekommen die Teams Autos, modernes Werkzeug und Berufsbekleidung zur Verfügung gestellt. Das „Rundumpaket“ wissen viele offenbar zu schätzen. Die Leute kennen sich oft untereinander. „Wir mussten noch nie Werbung machen. Es spricht sich rum, dass wir ihnen gute Arbeitsbedingungen bieten“, sagt Joachim Renz.

„Klar sind wir bestrebt, mit der Firma wirtschaftlich zu arbeiten. Es geht für uns aber nicht um jeden Preis um höher, schneller, mehr, sondern auch um einen guten Umgang mit den Mitarbeitern“, betont der Geschäftsführer. Moralisch sei Zeitarbeit nicht optimal, räumt er ein. „Ich glaube aber, der Gesetzgeber macht es den Unternehmern beispielsweise mit den langen Kündigungsfristen nicht leicht.“ Das forciere Zeitarbeit. Kunden, die seine Mitarbeiter anfordern, könnten sie ohne eigenes Risiko auf ihre Qualitäten prüfen.

Unterwegs sind die Männer im sogenannten Baunebengewerbe im ganzen süddeutschen Raum. Zu den Projekten gehören Hotels, Einkaufszentren, Wohnblöcke und Industriebauten. „Unser Ziel ist, dass wir in unseren Trupps deutschsprachige Teamleiter haben“, sagt der 60-Jährige. Sie könnten bei Baubesprechungen dabei sein. Durch die direktere Kommunikation ließen sich die Mitarbeiter noch schneller und flexibler einsetzen.

Aufgrund der Corona-Pandemie gestaltete sich der Start nicht einfach. „Ständig ändern sich die Einreisebestimmungen. Das verunsichert alle Beteiligten total“, so Joachim Renz. Quarantäne, Maskenpflicht, Hygienekonzept, das Vorlegen negativer Tests - all das mache es schwierig, Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Trotz aller Hürden, außer Leasingverträgen hat die PDH keine finanziellen Verpflichtungen. Und auch wenn sich im Baunebengewerbe pandemiebedingt eine Delle abzeichnet: Ein Ziel ist, so viele branchenun-abhängige Kunden wie möglich zu haben und das Geschäft um Produktion und Logistik zu erweitern. Denn nicht selten fragen die Mitarbeiter auch nach Jobs für ihre Frauen. Darüber hinaus bietet die Firma Kunden von Personaldienstleistern Consulting an. Ohne selbst Mitarbeiter zu vermitteln, unterstützt sie bei Vertrags- oder Preisverhandlungen oder steht beratend zur Seite.

„Der Mut ist die Bugwelle des Erfolgs“, lautet eine der Überzeugungen von Joachim Renz. „Auch wenn die Arbeit anstrengend ist, bin ich stolz, diese neue Chance bekommen und die Herausforderung angenommen zu haben.“