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„Mit diesen Rahmenbedingungen schaffen wir es nicht“

Wirtschaft Der Teckwerke-Vorstand sieht in Gesetzen ein Hindernis für den Ausbau regenerativer Energien.

Olaf Essig (links) und Felix Denzinger gehören dem Teckwerke-Vorstand an.
Olaf Essig (links) und Felix Denzinger gehören dem Teckwerke-Vorstand an.

Kirchheim. Dass eine Energieversorgung aus 100 Prozent regenerativen Energien bis 2030 möglich ist, davon sind Olaf Essig und Felix Denzinger überzeugt. Und dafür müsse nicht einmal die Landschaft zugepflastert werden, meinen die beiden Vorstandsmitglieder der Kirchheimer Energiegenossenschaft Teckwerke. „Windräder sind heutzutage größer, aber haben auch zehn Mal mehr Leistung als vor 20 Jahren“, sagt Felix Denzinger.

Im Schwarzwald hätten sie drei Anlagen stehen, die rund 25 000 Menschen mit Strom versorgen. Den Landschaftsverbrauch müsse man in Relation zu anderen Energiearten setzen, sagt Olaf Essig. Nähme man die Fläche des Braunkohletagebaus am Hambacher Forst und würde sie mit Windrädern bebauen: „ Dann würde mehr Energie erzeugt als die gesamte Kohle, die noch in diesem Gebiet abgebaut werden kann.“ Natürlich brauche Windkraft gewisse Voraussetzungen. Kirchheim sei zum Beispiel weniger als Standort geeignet, sagt Olaf Essig. Dafür gebe es riesiges Potenzial für Photovoltaik auf den Dächern.

Das Problem ist nach Ansicht der Experten aber die Gesetzgebung. Die Firmen hätten einen riesigen Verwaltungsaufwand, um die Vorgaben und Meldepflichten zu erfüllen. Bei Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms muss mit hohem Aufwand ermittelt werden, ob und wieviel EEG-Umlage und Stromsteuer abgeführt werden muss. „Das ist absurd“, sagt Olaf Essig. Hindernisse gibt es auch woanders: Von der Entscheidung bis zum Aufstellen eines Windrads vergehen leicht fünf bis sechs Jahre. Hinzu kommt das finanzielle Risiko für den Windkraftbetreiber, der erst eine Finanzierung bekommt, wenn die Genehmigung erteilt wurde und die EEG-Ausschreibung bezuschlagt wurde.

„Eigentlich müssten bis 2030 jährlich 33 Gigawatt regenerativer Energie aufgebaut werden, wenn man komplett umsteigen will“, sagt Felix Denzinger. Aktuell liege man bei knapp fünf für Solar und 1,5 Gigawatt bei Windkraft. Das sah schon einmal anders aus. „Wir lagen vor zehn Jahren bei zehn Gigawatt“, sagt er. Durch Veränderungen der gesetzlichen Regelungen seien in der Photovoltaik rund 100 000 Arbeitsplätze weggefallen, in der Windenergie 30 000. Mit stabilen Rahmenbedingungen könne die Energiewende gelingen und Hunderttausende Arbeitsplätze geschaffen werden, meinen sie.

Um 100 Prozent „Erneuerbare“ bis 2030 mit Wind und Sonne, Biogas und Wasserstoff für die Verbrauchsspitzen zu stemmen, müssten dezentrale Puffer geschaffen werden, um Stromüberschüsse zu speichern. Das ginge etwa mit E-Autos oder Wohn- und Gewerberäumen. Dazu gehöre auch, dass die Endkunden ihren Verbrauch bewusster steuern. „44 Prozent der Primärenergie geht in die Wärmeerzeugung“, sagt Essig. Da gebe es ein riesiges Einsparpotenzial. „Unser Firmengebäude hatte vor der Sanierung einen Verbrauch von 300 Kilowattstunden pro Quadratmeter, jetzt sind es 59“, sagt er.

Felix Denzinger setzt auf die Umwandlung von Strom in Gas. Gasspeicher seien technisch möglich, würden aber steuerlich benachteiligt, weil die Umwandlung als Verbrauch bewertet ist. Technisch ist vieles möglich, so die Experten, aber die Politik ist gefordert. „Mit den derzeitigen Rahmenbedingungen schaffen wir es nicht“, sagt er.Thomas Zapp