Unzugeordnete Artikel

Mitschuld

Zum Leserbrief „Die Ursachen bekämpfen“ vom 27. März

Richtig an dem Leserbrief ist die Überschrift, aber Ursachen für die Massenmigration benennt er keine. Dabei sagen es viele Wissenschaftler schon lange: Eine Haupt­ursache ist die ungerechte Weltwirtschaftsordnung, die Gewinner und Verlierer sowie Kriege und Naturzerstörung produziert, und das vor allem in Ländern der südlichen Halbkugel. Wir Europäer haben das „Glück“, schon seit Jahrhunderten zu den Gewinnern zu gehören - aber dabei wurde ebenso jahrhundertelang verschwiegen, dass unser Reichtum mit der Armut der Verlierer erkauft wurde. Diese waren nicht „unterentwickelt“, sondern wurden „hinunterentwickelt“ und werden es heute noch, denn der Kolonialismus früherer Jahrhunderte setzt sich in der heutigen Weltwirtschaftsordnung fort. Wir sind reich auf Kosten der Armen der Welt. Aber das sagt man lieber nicht laut, und die AfD schon gar nicht.

Es ist schwer, sich einzugestehen, dass man mitschuldig an der Misere ist. Denn das würde ja bedeuten, sein Verhalten und das ungerechte System zu ändern und umzubauen. Genau so wenig will man eingestehen, dass Deutschland und Europa Mitschuld an der aktuellen „Flüchtlingskrise“ trägt: Der schändliche Deal mit Erdogan, sich mit Geld Flüchtlinge von Leibe halten zu wollen, hat bereits flüchtende Menschen zu einer politischen „Verhandlungsmasse“ gemacht, und das fällt uns jetzt vor die Füße. Europa ist eigentlich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Aber genau das wird jetzt auf Lesbos außer Kraft gesetzt. So setzt sich die Spirale fort ohne Ende.

Martin Brost, Dettingen