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Nachhaltigkeit hat viele Gesichter

Umwelt Im Rahmen der Kirchheimer Energiewendetage haben Jesinger Initiativen und Unternehmen sich sowie ihre Ideen und Projekte bei einem zweistündigen Ge(h)spräch vorgestellt. Von Cornelia Wahl

Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Spaziergangs werden am Stand von Foodsharing vor dem Jesinger Rathaus mit Infos „gefütter
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Spaziergangs werden am Stand von Foodsharing vor dem Jesinger Rathaus mit Infos „gefüttert“.

Der älteste Stadtteil Kirchheims hat in Sachen Nachhaltigkeit einiges zu bieten. Zum Beispiel die Bücherkiste des Nachbarschaftsnetzwerkes. Leseratten können dort Bücher ausleihen, tauschen oder mitnehmen. Oder die offene Nähwerkstatt. Dort gibt es Nähmaschinen, um Kleidungsstücke zu reparieren oder ihnen als Tasche oder Lätzchen eine neue Funktion zu geben. Wie Maßhalten in Sachen Energie geht, zeigt die Bürgersolaranlage auf dem Dach der Lindachschule, die acht Familien vor 13 Jahren finanziert haben.

Um Nachhaltiges in Bezug auf Lebensmittel geht es in der ­Mühle Sting. Seit 1826 in Familienbesitz, werden dort hauptsächlich biologisch angebaute Getreidesorten aus der Region verarbeitet. Neben Obst und Naturkostprodukten werden die Mehle im angrenzenden Mühlenladen und in der Region verkauft. Für einen Teil der Stromversorgung setzt der Handwerksbetrieb auf Wasserkraft und Photovoltaik.

Eine andere Möglichkeit praktizierter Nachhaltigkeit ist es, Gemüse und Obst selbst anzubauen, wie im Gemeinschaftsgarten direkt am Radweg. Jeder Aktive „bringt Wissen mit und man lernt voneinander und miteinander“, sagt Wiebke Aszmutat, Sprecherin von „G.A.N.Z“ unter Teck. In diesem Jahr werden unter anderem Kürbisse, Zucchini, Grünkohl, Tomaten und Rote Bete geerntet. Dazu schmeicheln kräftig rot, gelb, orange und blau-weiß blühende Blumen den Augen. Den Pflanzplan fürs kommende Jahr legen sie im Dezember fest. Dann wird das Saatgut bestellt. Und wenn im Frühjahr die ersten warmen Sonnenstrahlen locken, werden die Pflänzchen auf Balkon oder Fens­terbank vorgezogen.

Mit Pflanzen beschäftigt sich auch Agrarbiologin Sonja Adamczyk, die den NABU in verschiedenen Themen berät. Sie klärt die Zuhörerinnen und Zuhörer am Beispiel von Schafgarbe und Wilder Möhre auf, warum der Erhalt einheimischer Flora und Fauna wichtig ist. Beide Wildpflanzen tragen dazu bei, dass sich für hiesige Breitengrade typische Insekten niederlassen. Sie liefern Nahrung für Wildbienen, Käfer und Fliegen aller Art. Und die Raupen des Schwalbenschwanzes fressen sich am Möhrenkraut satt.

Weniger erfreut ist die Agrarbio­login dagegen über eingeschleppte Pflanzenarten - sogenannte Neophyten - wie das indische Springkraut. Sie können heimische Gewächse massiv verdrängen und damit auch einheimische Insekten. Zu ihrer Verbreitung tragen Globalisierung, fließende Gewässer oder auch Bahnstrecken bei. Um die Ausbreitung zu stoppen, ist es ratsam, die Pflanzen vor deren Samenbildung abzuräumen und sie im Hausmüll zu entsorgen. Und sie hat noch einen Tipp parat: Wer der Natur Gutes tun will, der sät standorttypische Blühmischungen, denn sie bieten Lebensraum für heimische Insekten.

Den Lebensmittelrettern von Foodsharing liegt seit dem Jahr 2015 etwas anderes am Herzen: dass möglichst wenig Nahrungsmittel weggeworfen werden. Dabei kooperieren sie mit Privatpersonen, Produzenten und Händlern. Kostenlos abgegeben werden Obst und Gemüse mit kleinen Druckstellen oder abgelaufene Nahrungsmittel. Abgabestellen von Foodsharing gibt es an der evangelisch-methodistischen Kirche und an der Sultan-Ahmet-Moschee in Kirchheim. Bis heute haben sie eigenen Angaben zufolge 40 Tonnen Lebensmittel gerettet, entgegengenommen, sortiert und weitergegeben.

So verschieden die Angebote für Nachhaltigkeit sind, so viel haben sie gemeinsam: Es gibt noch Plätze zum Mitmachen, damit künftigen Generationen weiterhin Ressourcen zur Verfügung stehen.