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Opulente Orgelklänge und slowakische Gesänge

Pfingstkonzert „Emitte Spiritum tuum“ mit zwei Sopranistinnen in der Weilheimer Peterskirche.

Weilheim. Der Weilheimer Kantor und Organist Luboš Ihring hat im Rahmen der Konzertreihe „Musik an der Peterskirche“ zwei Sängerinnen aus seiner slowakischen Heimat zum Pfingstkonzert „Emitte Spiritum tuum“ eingeladen. Die Sopranistin Jana Pastorovká ist Dozentin an der Musikhochschule Bratislava und eine der führenden Interpretinnen „Alter Musik“ in der Slowakei. Sie absolvierte Studien in Bratislava und im französischen Lyon und konzertierte mit vielen Dirigenten und Orchestern in ganz Europa. Zusammen mit Dominiká Machutová, Sopran, brachte sie Gesänge slowakischer Komponisten mit Orgelbegleitung zu Gehör.

Die Lieder „Regina caeli“ und „Alma Redemptoris Mater“ von Luboš Bernáth (*1977) sind Uraufführungen. Der Komponist hat sie erst kurz vor der Aufführung in Weilheim fertiggestellt. Mit ruhigen Akkorden der Acht-Fuß-Holzpfeifen beginnt das erste Lied wie eine Meditation, die Stimmen strahlen im Duett über dem warmen Klangpolster der Orgel.

Luboš Ihring stellt sein großartiges Improvisationstalent unter Beweis. Im wahrsten Sinne des Wortes zieht er alle Register seines Könnens und seiner Orgel. Das neutönerisch eingefärbte slowakische Pfingstlied spielt er in den Variationen eins und zwei noch zart und zurückhaltend mit wunderbaren Figurationen der glucksenden Gedacktpfeifen. Ab der vierten Variation kommen Mixtur und weitere Register gepaart mit fülligeren Akkorden dazu. Die Modulation in die Medianten der Grundtonart, also terzverwandte Harmonien, gibt zusätzliche Würze. Die Klangschattierungen werden angereichert mit Zungenpfeifen, und das Pedal mit dem Posaunenregister erzeugt abschließend einen majestätischen Orgelklang.

Die Weilheimer besitzen mit ihrer historischen Barockorgel von Andreas Goll ein Juwel, eine außergewöhnliche „Königin der Instrumente“. Was der Organist Ihring ihr entlockt, ist große Orgelkunst. Er sagt: „Man muss mit der Orgel atmen und das Instrument durchkneten.“

Pfingstbotschaft verdeutlicht

In zwei Liedern von Pál Esterházy wird die freudige Pfingstbotschaft deutlich. Die Sängerinnen singen jubilierend mit wohlgesetzten Koloraturen „Veni o Sanctus Spiritus“ („Komm Heiliger Geist“) und interpretieren tonmalerisch quasi die Niederkunft des Heiligen Geistes und die züngelnden „Pfingst-Flammen“.

Das Vorspiel der Orgel zu „Veni Creator Spiritus“ ist tänzerisch gehalten, es mutet an wie ein barockes Konzert und versprüht barocke Lebensfreude. Dieser Impuls wird aufgegriffen von den Sopranistinnen, die in stimmlicher Ausgewogenheit glänzen.

Die „Toccata avanti il ricercare“ aus den „Fiori musicali“ von Girolamo Frescobaldi ist eine interessante Komposition. Der kurze erste Teil bleibt der Orgel vorbehalten als Mischung aus Fuge und Fantasie. Dann schleicht sich die Sopranstimme von Jana Pastorovká dazu, um in einen Dialog mit der Melodie in der rechten Hand des Organisten zu treten. Ein „musikalisches Gespräch“ von faszinierender Wirkung!

Jozef Pantaleón Roškovský verarbeitet in seiner „Fuga finaliter cum coronaliter“ ein Thema von Girolamo Frescobaldi. Die chromatischen Aufwärts- und Abwärtsgänge mit Sekundseufzern verleihen der Komposition ihren schmerzhaften Charakter.

Hymnische Erhabenheit

„Diffusa est gratia“ von Mikuláš Schneider-Trnavský strahlt hymnische Erhabenheit aus. Die herrliche Melodie wird von der jungen Sopranistin Dominika Machutová sehr innig und mit guter Intonation gestaltet.

Jana Pastorovká präsentiert vier Gesänge von Vítazoslav Kubicka ausdrucksvoll mit weicher modulationsfähiger Stimme. Besonders beeindruckend ist „Hospodin môj je Pán“ (Der Herr ist mein Herrscher). Wild gehämmerte Akkord-Wiederholungen der Orgel untermauern den Text „Ich bin sein treuer Soldat und kämpfe für den Herrn“.

Es wäre für das Verständnis der Musik hilfreich gewesen, wenn die Zuhörer über den Inhalt der Lieder Informationen bekommen hätten.

Luboš Ihrings Improvisation über ein slowakisches Wallfahrtslied ist genial und kreativ. Der Beginn mit hingestreuten Quartmotiven soll den Glockenklang der Wallfahrtskirche nachahmen, ehe der Cantus firmus über kontrapunktierenden Stimmen einsetzt. In der dritten Variation kombiniert Ihring die Quart-Motive des Anfangs mit der Liedmelodie und erzeugt durch Pentatonik und Akkordrückungen ein exotisches ostasiatisch anmutendes Kolorit.

Ein weiterer Höhepunkt des Pfingstkonzerts gelingt Luboš Ihring mit der Improvisation über „Adoro te devote“. Quirlig sprudelnde Läufe kreuzen sich wild durcheinander in beiden Händen und kumulieren mit der mächtigen Choralmelodie im Pedal zu einem wahrhaft opulenten Orgelklang.Hans-Günther Driess