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Planen auf Verdacht

Kirche Ob und wie Konfirmationsfeiern in diesem Jahr stattfinden können, ist unklar. Begleitende Aktionen fehlen auf jeden Fall. Aber: Das Verständnis der Eltern ist gewachsen. Von Peter Dietrich

Konfirmations- und Kommunionszenen aus dem Jahr 2015: So läuft‘s heuer ganz bestimmt nicht.Archiv-Fotos: Markus Brändli/Jörg Bäc
Konfirmations- und Kommunionszenen aus dem Jahr 2015: So läuft‘s heuer ganz bestimmt nicht.Archiv-Fotos: Markus Brändli/Jörg Bächle

Wir planen, aber wissen nicht, ob es wird“, sagt der evangelische Pfarrer und Stellvertretende Dekan Axel Rickelt. Die Eltern hätten inzwischen Verständnis für die Ungewissheit. Das war vor einem Jahr noch anders, da wollten sie Bescheid wissen: Wann ist denn nun die Konfirmation? Wann nehme ich Urlaub? „Wir sind sehr schnell mit Verschieben gewesen, vom April in den Oktober.“ Wer am 4. und 11. Oktober Konfirmation feierte, hatte Glück. Doch am 18. Oktober, dem dritten Termin, galten schon verschärfte Versammlungsregeln. Weil es deshalb zwar den Gottesdienst, aber anschließend keine größere Familienfeier geben durfte, entschieden sich manche Familien für eine erneute Verschiebung. Deshalb stehen in Kirchheim noch einige Konfirmationen aus dem Jahr 2020 an. Axel Rickelt war von der Situation nicht nur als Pfarrer, sondern auch als Vater betroffen. Sein eigener Sohn hatte im Vorjahr Konfirmation.

Bei der Mehrheit der Kirchengemeinden liegen die jährlichen Konfirmationstermine zwischen Ende April und Mitte Mai. Dabei bleibt es auch 2021 erst einmal, das gilt etwa für Kirchheim, Weilheim und Bissingen. Andere Gemeinden haben noch die klassischen frühen Konfirmationstermine im März. In Ohmden wurde die Feier nun vom März auf den 23. Mai verlegt, auch Jesingen hat verschoben, Holzmaden ist gleich auf den 25. Juli gegangen. Sollte es nötig sein, kann dann mit großer Wahrscheinlichkeit im Freien gefeiert werden. In der Kirchheimer Auferstehungskirche ist die Konfirmation am 9. Mai geplant. „Wenn das Wetter entsprechend ist, machen wir das draußen“, sagt Axel Rickelt.

Verschoben wurden in Kirchheim auch die Anmeldungen des neuen Konfirmandenjahrgangs, von Ende Februar in den März. „Die Elternabende können wir im Januar und Februar nicht in Präsenz machen.“ Normalerweise beginnt der Unterricht nach den Feiern des Vorgängerjahrgangs, das ist aber nicht zwingend und kann auch schon vorher sein. Was mit dem Unterricht der Vorgänger passiert, deren Feier verschoben wurde, dafür gibt es keine festen Regeln: Manche Pfarrer führen den Unterricht fort, es gibt Einzelveranstaltungen oder Begegnungen im Jugendhaus. So wird weiterhin der Kontakt gehalten.

Nach der Konfirmation können die Kirchheimer Jugendlichen ein Trainee-Programm für die Jugendarbeit belegen. „Wir hatten noch nie so viele Anmeldungen wie letztes Jahr“, sagt Axel Rickelt. „Sonst sind es knapp 20 Jugendliche, diesmal um die 30.“ Der Segnungsgottesdienst zum Abschluss des Trainee-Programms wurde jetzt vom März in den Sommer verschoben, bis dahin soll das Programm trotz aller aktuellen Terminausfälle abgeschlossen sein.

Die Präsenz im Konfirmandenunterricht ist faktisch an die Schule gekoppelt, derzeit gilt also Fernunterricht. Er sei nun besser organisiert als noch im Frühjahr 2020, sagt Axel Rickelt, wie in der Schule auch. Viele Pfarrer unterrichten parallel das Fach Religion. Die Landeskirche unterstützt ihre Kirchengemeinden mit digitalem Arbeitsmaterial für die Konfirmandenarbeit und bietet Erfahrungsaustausch an. Allerdings: „Im Frühsommer 2020 hatten die Jugendlichen keine Lust mehr auf Online-Angebote.“ Sie freuten sich hingegen über jeden persönlichen Kontakt, wie einen Anruf des Pfarrers oder ein Schwätzchen mit dem Jugendreferenten auf einer Parkbank.

Was stark leidet, sind die begleitenden Aktionen: Die Konfirmanden-Fahrradrallye zu diakonischen Einrichtungen fiel aus, Freizeiten und das Konfirmanden-Camp ebenso. Kein Übernachten in der Kirche, kein Kunstprojekt an der Martinskirche, kein Fußballturnier. „Da fehlt was, das Beziehungselement fehlt.“

Auch die Gottesdienste haben für die Konfirmanden an Attraktivität verloren - ohne Singen, ohne Quatschen und Saft trinken danach. „Sie kommen, doch längst nicht so wie in den anderen Jahren“, sagt Axel Rickelt. Doch für den 10. Februar kündigt er für die Konfirmanden einen Livestream mit dem „Bibelraucher“ Willi Bunz an. Er erzählt, wie er als sehr gewaltbereiter Krimineller im Knast Gott herausgefordert hat - und was dann passiert ist.

Auch die Erstkommunion wird verschoben

Kommunion in Peter und Paul, katholische Kirche
Kommunion in Peter und Paul, katholische Kirche

„Nach Ostern wollten wir Erstkommunion feiern, das geht sicherlich nicht“, sagt der katholische Pfarrer Franz Keil. Bis Ostern gibt es mehrere katechetische Nachmittage als Videokonferenz, bei diesen werden unter anderem Kerzen gestaltet. Aber Kinder brauchen Gemeinschaft. „Gruppenstunden beginnen vermutlich nach Ostern“, sagt Franz Keil. Davon gibt es mindestens acht Stück, die Mamas und Papas übernehmen die Gruppenleitung. „Onlinetechnik kann viel, aber nicht alles. Es ist nicht sinnvoll, wenn man nur vor dem PC hockt.“ Die Karwoche vor Ostern ist wichtiger Bestandteil der Kommunionvorbereitung: „Ich hoffe, dass wir das machen können.“ Die Erstkommunion ist im Sommer oder im Herbst geplant. 2020 fand sie kurz nach den Sommerferien statt, in Schlierbach im Freien: „Das war wunderschön.“ Die Kommunionkinder gehen in der jeweiligen Grundschule in die dritte Klasse. „Solange die Schulen zu sind, können wir gar nichts machen“, sagt Franz Keil. Und beschreibt seine große Sorge: „Was uns das Leben schwer macht, ist, dass man nicht planen kann.“ pd