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Politische Sensoren fehlen

Zur Berichterstattung über die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen

„Es liegt ein Hauch von Weimar über der Republik“, sagt der 87-jährige ehemalige FDP-Innenminister Gerhard Baum angesichts dieser politischen Kulturschande der jetzigen FDP und CDU. Er fügte hinzu, wenn er an das Erlebte bei den Faschisten denke, laufe es ihm eiskalt den Rücken runter. Diese politische Sensoren, dass man mit Faschisten keine gemeinsame Sache macht, ist offensichtlich vielen sogenannten bürgerlichen Politikern abhandengekommen. Auch die Verlautbarungen dazu von den FDP-Vorsitzenden Lindner und Rühlke und anderen FDP-Politikern zeigen, dass hier überhaupt kein Problembewusstsein besteht.

Die CDU, deren Präsidium sich wenigstens klar von den Thüringer Machenschaften ihrer Parteifreunde distanziert hat, muss sich aber fragen lassen, wie die gesamte CDU es mit dem Rechtsradikalismus hält. Hat die CDU-Vorsitzende die Partei noch im Griff? Es ist noch nicht lange her, da wollten Ost-CDU-Funktionäre mit der AfD koalieren und nun dieses Thüringer CDU-Drama. Nach diesen erschütternden Tabu-Brüchen der beiden sogenannten bürgerlichen Parteien sind nun Taten gefragt, Worte helfen nicht mehr. Wer gemeinsame Sache macht mit einem Faschisten wie Höcke hat jede Vertrauenswürdigkeit verspielt. Zumal es in der CDU-Werteunion Kräfte gibt, die der AfD näher stehen als der Demokratie.

Noch ein Wort zur Linkspartei. Als Grüner ist es ja nicht meine Aufgabe einen Mitwettbewerber zu verteidigen. Aber es wäre hilfreich, wenn die FDP und CDU mit diesem kindischen und lächerlichen und durch nicht begründeten Hass gegen die Linkspartei aufhören würden. Es wäre angebrachter, wenn diese beiden bürgerlichen Parteien darauf achten würden, nicht wieder zum Steigbügelhalter der Faschisten zu werden. So geschehen in der Weimarer Republik, als die Deutsch-Nationale Partei genauso wie jetzt von CDU und FDP vorgeführt, die Nationalsozialisten hoffähig machten. Und nein, der Vergleich hinkt nicht, genau so hat es angefangen und in Auschwitz geendet.

Roland Zizelmann, Kirchheim