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Privat lieber nicht in die Türkei

Landtagspräsidentin Muhterem Aras schaut in vielen politischen Bereichen über den rein baden-württembergischen Tellerrand hinaus. Geboren in der Türkei verfolgt sie beispielsweise die dortigen Entwicklungen mit Sorge. Aber auch zu landes- und gesellschaftspolitischen Themen bezieht sie Stellung.

Wie schätzen Sie die Situation in der Türkei ein?

Muhterem Aras: Die Situation ist besorgniserregend. Allein die Meinungs- und Pressefreiheit, die Staatspräsident Erdogan ausgehebelt hat, oder die massive Einschränkung der Gewaltenteilung. Menschenrechte machen nicht an der Grenze halt. Wir dürfen nicht vergessen, dass noch immer Hunderte von Journalisten und Lehrern in Gefängnissen sitzen. Autoritäre Systeme fangen immer damit an, dass sie die Presse einschränken. Ich erhoffe mir, dass die Bundesregierung massiver auftritt. Wir waren in der Vergangenheit zu diplomatisch. Natürlich müssen wir verhandeln, aber wir dürfen dabei nicht so tun, als ob nur wir die Türkei brauchen. Die brauchen uns mindestens genauso. Erdogan versteht nur eine klare Sprache - von Diplomatie versteht er nichts.

Kann man bei so kritischen Äußerungen noch in die Türkei reisen?

Aras: Privat würde ich nicht unbedingt in die Türkei reisen, es ist ein Wagnis. Aber dennoch habe ich mich bewusst dazu entschieden, mich kritisch zu äußern.

Ist islamischer Religionsunterricht in Deutschland notwendig?

Es ist richtig, ihn an deutschen Schulen zu unterrichten. Entscheidend ist aber, dass wir den islamischen Religionsunterricht von hier in Deutschland ausgebildeten Religionslehrkräften unterrichten lassen und zwar in deutscher Sprache. Wir dürfen es nicht den Moscheen überlassen, was wir zu lange gemacht haben.

Wie sehen sie die nächsten Schritte zur Änderung des Wahlrechts in Baden-Württemberg?

Wir wollen das Wahlrecht ändern, um die Gesellschaft von Baden-Württemberg besser im Parlament abzubilden. Wir sind seit einigen Monaten mit unserem Koalitionspartner in den Verhandlungen. Andreas Schwarz hat dazu einen Vorschlag erarbeitet. Hierbei soll es das Direktmandat weiter geben und darüber hinaus noch ein Listenwahlrecht. Über dieses Listenwahlrecht könnte man den Anteil der Frauen und jungen Leute erhöhen.

Ist die Jugend politikmüde?

Ganz klar nein. Ich bin viel an Schulen unterwegs, wir machen den Jugendlandtag und vieles mehr. Ich treffe immer auf junge und interessierte Menschen, die sich mit den Themen der Welt und in Deutschland auseinandersetzen. Mir ist es auch wichtig, dass bei Veranstaltungen, die der Landtag organisiert, junge Leute dabei sind. Anja Heinig