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Rettungswagen kommen immer schneller

Notfall Die Einsatzkräfte im Kreis konnten ihre Alarmierungs- und Wegzeiten verbessern, die Landesvorgaben werden aber noch nicht erreicht, da sie in der jetzigen Statistik noch nicht berücksichtigt werden. Von Matthäus Klemke

Rettungsdienst, Notfall, DRK; Malteser, Notarzt, Rettungswagen
Rettungsdienst, Notfall, DRK; Malteser, Notarzt, Rettungswagen

Nach Eingang eines Notrufs darf ein Rettungswagen (RTW) 15 Minuten zum Einsatzort brauchen. Diese Frist muss in mindestens 95 Prozent der Fälle eingehalten werden - diese Vorgabe macht das Land. Dasselbe gilt für den Notarzt. Ideal wären sogar zehn Minuten, doch schon allein die 15-Minuten-Frist stellt die meisten Rettungsdienste im Land seit Jahren vor Probleme. Auch 2019 konnte kaum ein Rettungsbezirk die Vorgaben erfüllen. In nur acht von insgesamt 35 Rettungsdienstbereichen konnten die Zeiten bei RTW-Einsätzen eingehalten werden. Bei den Notärzten waren es sogar nur drei Bezirke.

Das geht aus dem Qualitätsbericht der Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst (SQR) hervor. Als Gründe werden lange Fahrten zu den Einsatzorten, besonders in ländlichen Gebieten und die „Abwesenheit des örtlich zuständigen Rettungsmittels“ genannt. Sprich: Wenn der RTW gerade nicht verfügbar ist, muss ein anderer von weiter weg kommen. Laut Bericht liegt das vor allem an der Schließung und Spezialisierung von Krankenhäusern.

Wie sieht die Situation im Landkreis Esslingen aus? Hier konnte der Rettungsdienst seine Bilanz zwar verbessern, dennoch liegt man knapp unter der 95-Prozent-Vorgabe. 2019 waren die Helfer in 94 Prozent der Fälle innerhalb von 15 Minuten am Unfallort. 2018 waren es noch 93,5 Prozent. Bei einer Gesamtzahl von 28 628 RTW-Einsätzen im vergangenen Jahr traf man also in rund 1700 Fällen erst nach 15 Minuten beim Patienten ein. Von einer Unterversorgung der Bevölkerung kann aber keine Rede sein, sagt Michael Wucherer, Rettungsdienstleiter des DRK im Kreis: „Im Schnitt sind wir innerhalb von sechs Minuten am Einsatzort.“ Auch Marc Lippe, Bezirksgeschäftsführer der Malteser Neckar-Alb, versichert, dass es keinen Grund zur Besorgnis gibt: „Es wurden Verbesserungen erreicht, die sich in der Statistik noch nicht niederschlagen.“ In der kommenden Bilanz werde man die 95-Prozent-Marke einhalten.

Das Handy zeigt den Unfallort

Schaut man sich die gesamte Rettungskette an, fällt auf, dass gerade die Zeit zwischen Alarmierung und dem Ausrücken eines Rettungswagens häufig zu lang ist. Laut Bericht vergehen im Landkreis in manchen Fällen mehr als drei Minuten, bis ein RTW losfährt. Im Landesvergleich befindet man sich damit im hinteren Drittel.

Deshalb wurde in Sachen Alarmierung nachgebessert. „Das System war veraltet“, so Lippe. Ging zum Beispiel in der Esslinger Leitstelle ein Notruf aus Kirchheim ein, wurde der Alarm von einer Stelle zur nächsten weitergeleitet, bis er schließlich bei den Rettungskräften in Kirchheim ankam. Eine Kettenreaktion, die unnötig viel Zeit gekostet hat. Dieses System wurde nun erneuert.

Auch werden die Retter jetzt schneller in ihre Wagen geschickt. War es noch bis 2019 so, dass der Disponent in der Leitstelle bei einem Notruf erst einen Fragenkatalog abgearbeitet und dann den RTW losgeschickt hat, werden die Helfer mittlerweile schon während des Gesprächs alarmiert. Ebenfalls seit 2019 setzt man auf die Notruftechnik „Advanced Mobile Location“. Damit kann die Rettungsleitstelle über das Smartphone des Anrufers dessen Standort sehen. „Gerade in Gegenden wie der Schwäbischen Alb ist das sehr hilfreich“, sagt Wucherer. Wanderer oder Spaziergänger, die sich in einer Notlage befinden, können oft nicht sagen, wo sie sind.

Neben einer Verbesserung der Technik hat man bereits 2018 die Kapazitäten erhöht. Um abgelegene Orte auf der Schwäbischen Alb schneller erreichen zu können, wurde die Notfallbereitschaft in Owen erweitert. Außerdem wurde der Rettungsdienst entlastet, indem man nachts zwei zusätzliche Wagen im Einsatz hat, die nur für Notfälle da sind. „Früher wurden diese Wagen auch für Krankentransporte genutzt“, sagt Wucherer. Durch die Doppelbelas- tung waren die Fahrzeuge oft blockiert. Mit den Verbesserungen reagiert der Rettungsdienst auch auf steigende Einsatzzahlen.

Eine Ausnahme bildet das erste Halbjahr 2020. Durch Corona ist die Zahl der Einsätze zwischen März und Juni um 30 Prozent gesunken. „Über die Gründe kann man nur spekulieren“, sagt Wucherer. Zum einen waren weniger Leute draußen unterwegs. Aber auch die Angst vor Ansteckungen im Krankenhaus könnte eine Rolle spielen.

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