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Rückkehr zum Denunziantentum

Zum Artikel „Maskentragen ist das Gebot der Stunde“ vom 18. April

Eines muss man Dr. Pascal Bader lassen: Das Marketing um die eigene Person beherrscht der Kirchheimer Oberbürgermeister wie aus dem sprichwörtlichen Effeff. Das hat er bereits bei der Kandidatur zur OB-Wahl gezeigt, als er taktikgetrieben und öffentlichkeitswirksam erst kurz vor Bewerbungsschluss seinen Hut in den Ring warf. Am Ende heiligte der Zweck offenbar die Mittel, denn das Ergebnis fiel eindeutig aus. Ende letzter Woche folgte der zweite Streich. Denn mit der Meldung, dass Kirchheim nach Sulz am Neckar erst die zweite Stadt in Baden-Württemberg ist, die eine Maskenpflicht verordnet, schaffte es der neue Oberbürgermeister erneut in die überregionalen Medien. Chapeau!

Dabei ist die Forderung nach den im Artikel beschriebenen „Alltagsmasken“ geradezu hanebüchen, der Effekt zumindest zweifelhaft und der Umgang damit geradezu fahrlässig. Abgesehen davon, dass ein Tuch oder ein Schal nachgewiesenermaßen so gut wie keinen Schutz vor dem Virus weder für sich selbst noch für andere bietet, „züchten“ die Träger, die das Kleidungsstück nicht täglich heiß waschen, die Krankheitserreger auf Selbigem. Darüber hinaus und noch schwerwiegender wiegt die „Alltagsmaske“ insbesondere die ältere Generation in falscher Sicherheit, die sich dann möglicherweise in fehlender Händehygiene oder Nichteinhaltung von Abständen äußert. Und auch eine menschliche Unart, welche wir vor 75 Jahren glaubten, besiegt zu haben, wird durch die Verordnung gefördert: die Rückkehr zum Denunziantentum, die sich die Stadt hier offenbar zunutze machen will.

Ein letztes Stückchen Freiheit bleibt immerhin: Auch wenn es mir für die Kirchheimer Einzelhändler leid tut, werde ich meine Einkäufe bis auf Weiteres in den benachbarten Städten und Gemeinden erledigen, in denen das Tragen von Masken den Vorgaben der Landesregierung entspricht: als Empfehlung.

Dr. Andrea Tick-Waider, Kirchheim