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Scheinheilige Politik

Zum Artikel „Forderung nach Sanktionen im Fall Nawalny“ vom 3. September

Der russische Regimekritiker Alexej Nawalny wurde, so scheint es, vergiftet und sollte zum Schweigen gebracht werden. Deutsche Politiker, allen voran die Grünen, fordern Konsequenzen. „Ein Regime, das Giftmorde organisiert, ist kein Partner für Kooperationsgeschäfte.“ Damit ist das Gasprojekt Nord Stream 2 gemeint. Die EU droht offen mit Sanktionen und stellt dieses milliardenschwere Projekt infrage. Dieses Projekt sollte, so die bisherige Meinung deutscher Politiker, die Energiesicherheit Deutschlands sichern.

Im Oktober 2018 wurde der saudische Journalist Jamal ­Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet, zerlegt und entsorgt. Vermutlich beauftragt durch das saudische Königshaus. Welche Konsequenzen wurden damals durch deutsche Politiker gefordert? Keine. Was hat die EU in den folgenden Wochen und Jahren getan? Nichts. Haben Politiker etwa unterschiedliche Rechtsauffassungen? Können wir diese Dinge nicht so bewerten, wie sie sind, abscheuliche Verbrechen, und daraus unsere Schlüsse ziehen? Vielleicht aber habe ich nur vergessen, dass deutsche Politiker Waffen an Saudi-Arabien verkaufen, die damit Krieg im Jemen führen, und mit dem Iran verantwortlich sind für die Destabilisierung des gesamten Mittleren Ostens. Und daraus tragen wir in Deutschland und der EU die Konsequenzen! Das ist blanke Scheinheiligkeit der politischen Elite, wenn man ein Volk so regieren möchte.

Gert Carstens, Kirchheim