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Schützen statt schießen

Zum Artikel „Bundesregierung einig über Umgang mit dem Wolf“ vom 22. Mai

Konsequenter Herdenschutz bewirkt erwiesenermaßen einen deutlichen Rückgang der Wolfs- (und Hunde-)angriffe. Viele Weidetierhalter sind jedoch bisher nicht willens oder aus finanziellen Gründen nicht dazu fähig, ihre Tiere effektiv zu schützen. So waren beispielsweise in Sachsen im vergangenen Jahr mindestens die Hälfte der Herden, die von Wölfen angegriffen wurden, nur mangelhaft oder gar nicht gesichert. Um Weidetierhalter europaweit künftig besser zu unterstützen, ist Herdenschutz nach EU-Recht deshalb seit Anfang dieses Jahres zu 100 Prozent förderfähig, inklusive Kosten für Zäune, Hunde, Zusatzarbeit und Erhaltungsmaßnahmen.

Statt nun schleunigst bundesweit flächendeckend und umfassend Präventionsmaßnahmen zu fördern, will die Bundesregierung künftig bei „ernsten“ wirtschaftlichen Schäden erst mal Mitglieder von „übergriffigen“ Rudeln so lange abschießen lassen, bis die Attacken aufhören oder ganze Wolfsfamilien ausgelöscht sind. Doch Agrarministerin Julia Klöckner reicht auch das nicht. Sie will durchsetzen, dass, dem Wunsch der Jäger- und Agrarlobby entsprechend, Wolfsbestände regelmäßig bejagt werden - unabhängig davon, ob eine konkrete Gefahr besteht oder nicht. Dabei ignoriert sie hartnäckig, dass damit genau das Gegenteil erreicht wird, nämlich mehr statt weniger Angriffe.

Nebenbei bemerkt: In Deutschland werden jährlich rund 70 Millionen Geflügel, sechs Millionen Schweine, 350 000 Rinder und 100 000 Schafe bei Bewusstsein geschlachtet. Wie wäre es, wenn Frau Klöckner und all diejenigen, die seit Jahren lautstark und wütend gegen Wölfe wettern, zur Abwechslung mal ebenso hartnäckig gegen derartig himmelschreiende Missstände vorgehen würden?

Marie-Luise Strewe, Lenningen