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Schutz aus dem 3D-Drucker

Innovation Junge Tüftler haben eine güns­tige Lösung für Masken erarbeitet. Die Produktion läuft auf Hochtouren, koordiniert von einem Team aus Beuren. Von Daniel Jüptner

Benjamin Layh (links) zeigt, wie die Masken getragen werden. Foto: Jüptner
Benjamin Layh (links) zeigt, wie die Masken getragen werden. Foto: Jüptner

Vor wenigen Tagen appellierte der Esslinger Landrat Heinz Eininger an Unternehmen, dringend benötigte Schutzkleidung für das Gesundheitswesen zur Verfügung zu stellen. Der Appell erreichte auch Sandra und Benjamin Layh aus Beuren. Das Ehepaar gehört der „Maker“-Szene an. So bezeichnen sich die Bastler, die sich Kleinteile, zum Beispiel für den Modellbau, selbst an einem heimischen 3D-Drucker herstellen. Die Vorlagen dazu gibt es als Datei im Internet, und diese werden innerhalb der Community, also der Netz-Gemeinde, kostenlos geteilt.

Zusammen mit weiteren „Makern“ aus der Region betreiben sie seit einigen Jahren die Webseite www.open-diy-projects.com. „Die Szene lebt vom Austausch und Mitmachen, da hilft sich jeder gegenseitig, aus Spaß“, sagt Benjamin Layh. Vor einer Woche entdeckte Georg Lakeit aus dem Team von „Open DIY“ einen Forum-Beitrag von tschechischen „Makern“. Diese hatten zusammen mit dem 3D-Druckerhersteller Prusa eine Vorlage für einen Gesichtsschutz entworfen, wie er derzeit auch in den Corona-Abstrichzentren eingesetzt wird. „Schlicht eine mechanische Barriere, eine Ergänzung zum Mundschutz“, so Sandra Layh. Sofort war dem Team klar, dass sie damit einen kleinen Beitrag leisten könnten in diesen ungewöhnlichen Zeiten. „Wir wollten schauen, wie der Bedarf in der Region ist und dachten erst an rund 200 Stück“, berichtet Benjamin Layh. Doch sie stachen in ein Wespennest: 10 000 Masken werden schätzungsweise allein für den Landkreis Esslingen und die Hilfsorganisationen benötigt. „Seitdem steht unser Telefon nicht mehr still und wir und unsere Drucker auch nicht mehr“, seufzt Sandra Layh etwas erschöpft.

Nur drei Teile werden für die Gesichtsschilder benötigt: ein handelsübliches Gummiband, ein Kopfriemen aus dem 3D-Drucker und ein durchsichtiges Schild. „Die Schilde werden aus PET-Folie mit einem Laser-Cutter geschnitten“, erklärt Benjamin Layh. Für solche Geräte ist eine Abluftanlage vonnöten - zu viel für einen Hobby-Bastler. Solch ein Gerät steht aber in der Manufaktur Winzki in Frickenhausen. „Wir kennen den Chef Rainer Brang schon seit Jahren, gerade vom Bas­teln, und wussten von seinem Laser-Cutter“, erzählt Benjamin Layh. Dieser musste auch nicht lange überlegen, sondern sicherte sofort seine Unterstützung zu. „Für mich war es selbstverständlich, bei dem Projekt zu helfen, wir müssen das ja gemeinsam durchstehen“, so der Geschäftsführer. Er und seine Angestellten packten beim Cutten mit an.

Die verstellbaren Kopfriemen produzieren die „Maker“ an ihren heimischen 3D-Druckern. Als Material dient hierzu ein Filament aus PETG. „Das hat jeder ,Maker’ zu Hause“, so die Bastler: „Es verträgt problemlos Temperaturen bis 70 Grad.“ Dies ist wichtig, denn die Gesichtsschilde müssen vor dem Einsatz desinfiziert werden. Ein Druckvorgang für ein Set dauert etwa zwei bis drei Stunden, und fünf Durchgänge schafft ein handelsüblicher Drucker am Tag.

Unternehmen helfen mit

Doch auch in Betrieben stehen industrielle und somit leistungsfähige 3D-Drucker. So auch beim Lautsprecher-Hersteller Fohhn in Nürtingen, dem Arbeitgeber von Benjamin Layh. „Eigentlich bin ich bei Fohhn technischer Einkäufer und rein hobbymäßig ,Maker’. Mein Chef war sofort begeistert von dieser Hilfsaktion und hat Ressourcen und Mitarbeiter zur Verfügung gestellt. Dort laufen die Drucker auch“, freut sich Layh.

Die größte Sorge der Projektmacher war, ob die Schilde für die Hilfsorganisationen überhaupt einsetzbar sind. „Das sind sie, und sie helfen uns wirklich enorm“, versichert Michael Leich von den Maltesern Nürtingen, Leiter der Sanitäts- und Rettungswache der Landesmesse Stuttgart. Die ersten 20 fertigen Masken wurden jetzt an die Hilfsorganisation übergeben. „Die Gesichtsschilde sind im regulären Handel derzeit nicht zu bekommen. Da freuen wir uns riesig über so eine Initiative.“

Eine Maske kostet zwei Euro

Die Masken werden zu den Herstellungskosten weitergegeben, und der liegt bei knapp unter zwei Euro pro Maske. Im Großhandel kosten die Masken 60 Cent, so Leich. Derzeit würden sie aber für 10 bis 15 Euro gehandelt, sofern sie lieferbar sind. Doch produzieren kann das Paar nur, solange Rohmaterial da ist - und das reicht nicht mehr lange. Unterstützung erhoffen sie sich vor allem durch weitere „Maker“ mit 3D-Druckern, aber auch durch Spenden.