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Sechs ist keine Frage des Alters

Interview Mit 39 Jahren und einem halben Dutzend Meistertitel geht Manuel Fumic ins emotionale Karriere-Finale.

Kirchheim. Das Schwabenalter wird er als Profi wohl nicht mehr erleben, doch auch mit 39 Jahren ist Manuel Fumic nach zwei Jahrzehnten im deutschen Mountainbikesport das Maß der Dinge. Wir sprachen mit dem Kirchheimer über große Gefühle und seinen fünften Olympiastart.

Gratulation zum sechsten deutschen Meistertitel. War das Ihr wichtigster?

Manuel Fumic: Auf jeden Fall der emotionalste. Am Start war ich ganz cool, als ich dann über die Ziellinie gefahren bin, hatte ich fast Tränen in den Augen. Die nackte Zahl der Titel ist mir gar nicht so wichtig, aber dieses Jahr kam einiges zusammen. Das Thema Olympia und die ganze Diskussion darüber, ob ich zu alt bin und mit den Jungen nicht mehr mithalten kann. Für mich ist es einfach ein tolles Gefühl, in meinem letzten Jahr noch mal ganz oben zu stehen. Ich möchte zeigen, dass ich in meinem Abschiedsjahr nicht einfach nur mitfahren will.

In den vergangenen Wochen hatte es den Anschein, als wäre der Kampf ums zweite Olympiaticket so offen wie nie. War es das für Sie auch?

Ich habe nie daran gezweifelt, wenn ich ehrlich bin. Natürlich gibt es mit Luca Schwarzbauer einen, der gezeigt hat, dass er zurecht zur erweiterten Weltspitze zählt. Ich glaube aber, dass ich in den vielen Jahren bewiesen habe, welches Potenzial in mir steckt, wenn alles gut läuft. Das ­letzte Jahr tat es das nicht, angefangen mit meinem schweren Sturz mit mehreren Knochenbrüchen, danach kam eine Blinddarm-OP, bei den deutschen Meisterschaften hatte ich in der letzten Runde einen Platten und danach immerhin noch Bronze geholt. Bei den wenigen Weltcuprennen im Corona-Jahr war es einfach nicht möglich, ein Zeichen zu setzen. Anfang des Jahres hatte ich dann mit Rückenproblemen zu kämpfen. Ich bin die beiden ersten Weltcups mit Schmerzmitteln gefahren. Von außen heißt es dann schnell, Fumic ist auf dem absteigenden Ast.

Die Olympia-Nominierung ist noch nicht raus. Dennoch dürfte das der letzte Nachweis gewesen sein, dass an Fumic kein Weg vorbeiführt.

Der Druck in Gedern war für alle groß. Ich denke, dass ich am Wochenende geklärt habe, wer als deutsche Nummer eins nach Tokio fährt.

Und das auf überraschend deutliche Art und Weise.

Ich hatte am Sonntag ein gutes Körpergefühl. Der Kurs war zudem für mich maßgeschneidert. Man könnte sagen ein Tokio-Kurs im Kleinformat, mit vielen kurzen steilen Rampen und technischen Passagen. Nachdem Luca einen Platten hatte und ich in der Dreier­gruppe an der Spitze fuhr, habe ich relativ früh die Initiative ergriffen und das Tempo bestimmt. Das hat gut geklappt. Mein Ziel war immer, meine Karriere auf einem hohen Niveau abzuschließen. Da hilft dieser Titel ungemein.

Bringen einen Erfolge im Abschiedsjahr nicht doch ins Grübeln?

Nein. Ich habe ja schon lange angekündigt, dass ich aufhören werde. Ich glaube, es ist jetzt wirklich die richtige Zeit für mich. Auch wenn ich am Sonntag den Satz öfter hörte, dass ich weitermachen müsse. Die Entscheidung ist definitiv gefallen.

Was geht einem als Sportler durch den Kopf, wenn man in den Nachrichten von wachsendem Widerstand in der japanischen Bevölkerung gegen die Spiele hört?

Das kann ich absolut nachvollziehen. Ich würde gerne an diesen Spielen teilnehmen, aber ich hätte auch volles Verständnis, wenn sich die dortige Regierung dagegen entscheiden würde, weil sie es aufgrund der Infektionslage für nicht vertretbar hält.

Halten Sie es für vertretbar?

Ich bin auf jeden Fall keiner, der sagt, wir müssen das auf Teufel komm raus durchziehen. Ich bin aber nach wie vor der Überzeugung, dass die Organisatoren nach heutigem Stand in der Lage sein werden, das so zu gestalten, dass es für alle sicher ist. Das sind ja keine offenen Spiele, deshalb ist mein Vertrauen groß. Ich hoffe einfach, dass sich die Lage in Japan in den verbleibenden Wochen entspannt.

Wie sieht die Zukunft von Manuel Fumic nach diesem Jahr aus?

Rosig.

Mehr nicht?

Ich möchte dazu im Moment noch nichts sagen, aber es geht in die richtige Richtung.

Und hat vermutlich mit Radsport zu tun?

Wenn alles klappt, wie ich denke, werde ich dem Mountainbikesport wohl noch ein bisschen erhalten bleiben.Bernd Köble