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Sie funktioniert, die Demokratie

Zum Leserbrief „Gelungene Demokratie-Show“ vom 30.  August

Da ist aber wieder einmal mehr eine Verschwörungstheorie von Herrn Kromer gründlich misslungen. Dass ein ZDF-Team trickst und täuscht, war von vorn herein klar. Wie könnte es bei einer ehrbaren Pegida-Demonstration auch anders sein. Ein Bürger, in aller Unschuld auf dem Weg zu einer Demonstration, will sich doch nur nicht filmen lassen, das vermittelt den Duft unser aller demokratischer Welt, nicht den Mief von Pöbelei und Hasstiraden. Einem von uns geschieht Unrecht von einer dunklen Macht der Medien. So klar gekantet ist also Gut und Böse, Recht und Unrecht. Und die allmächtige (Lügen?-)Presse erpresst sogar vom Polizeipräsidenten eine Entschuldigung. Was für ein kaputtes Land!

Soweit habe ich die Intention dieses Leserbriefs verstanden. Kann man diesem Stimmungswahn mit Fakten begegnen? Zum Beispiel, dass das Kunsturhebergesetz nicht das Fertigen, sondern das Veröffentlichen von Bildern mit erkennbaren Personen verbietet; dass die Ausnahme bei einer zeitgeschichtlichen Bedeutung wie einer Demonstration gegeben ist; dass es keine Rolle spielt, ob die Aufnahmen bei oder anlässlich einer bevorstehenden Kundgebung gemacht wurden; dass der Demonstrationscharakter durch das Hochhalten von Plakaten und Kundtun lautstarker Parolen hinlänglich bewiesen ist.

Freilich, das spezielle Reich unserer Verschwörungstheoretiker kennt einen Trick: nämlich einen Nebenkriegsschauplatz zum Schlachtfeld zu machen. Denn der eigentliche Skandal war ja gar nicht das Filmen einer Pöbelei, sondern das Festhalten eines Kamerateams und das offensichtliche Behindern journalistischer Arbeit durch die Polizei. Nachdem eben dies hinreichend dokumentiert worden war, folgte das Zurückrudern der Politik und die Entschuldigung der Polizei. Das heißt, sie funktioniert, unsere Demokratie, gerade auch mit Hilfe unabhängiger Medien, trotz lieb gewordener Allround-Abgesänge.

Nun dürfen wir gespannt sein auf die nächsten Verschwörungseskapaden unseres fleißigen Leserbriefschreibers. Sie werden kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Günther Baltz, Kirchheim