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Sinnvoll oder übertrieben?

Zum Artikel „Gendersternchen bereichert Sprache“ vom 30.  Januar

Die Forderung nach geschlechtsneutraler Sprache beziehungsweise Schreibweise ist nicht neu. Schon seit 1980 müssen Stellenausschreibungen geschlechtsneutral formuliert werden. Das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) befasst sich unter anderem mit der Gleichbehandlung der Geschlechter. Dazu gehört auch Chancengleichheit bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz. Sichtbar wird das bei Stellenausschreibungen beziehungsweise Stellenanzeigen. Meistens wird mit dem Zusatz m/w dem Gesetz Genüge getan. Nach einer entsprechenden Gesetzesänderung Ende letzten Jahres liest man immer öfter auch m/w/d, wobei das „d“ für „divers“ steht.

Dann kam das Jahr 2013 mit einer umfassenden Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO). Diese kennt bis zum heutigen Tag keine Fußgänger und Radfahrer mehr, sondern nur noch „Zu Fuß gehende“ und „Rad Fahrende“. Auch heißt es jetzt „wer ein Fahrzeug führt“ statt „Fahrzeugführer“. Apropos Fahrzeugführer: Im Paragraf 2 der StVO steht: „Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte.“ Fahrzeuge? Eher müssten ja deren Fahrzeugführer fürs rechte Spurhalten sorgen. Schon der Paragraf 1 der StVO (Grundregel) wurde umgeschrieben. Um den Begriff „Verkehrsteilnehmer“ zu umgehen, heißt es nun „wer am Verkehr teilnimmt“.

Zurück zum Thema: Die Forderung nach geschlechtsneutraler Formulierung machte auch vor unserer Nationalhymne nicht Halt. Anfang 2018 kam aus dem Familienministerium der Vorschlag, statt „Vaterland“ „Heimatland“ und statt „brüderlich mit Herz und Hand“ „couragiert mit Herz und Hand“ zu singen. Auch unsere Sprichwörter müssen zum Teil umgeschrieben werden. Warum soll immer nur der Ehrliche der Dumme sein und der Faule erst am Abend fleißig werden. Soll doch auch bei Frauen vorkommen, oder?

Zum Schluss: Im Streitfall heißt es jetzt: Der oder die Klügere gibt nach.

Gerhard Ostertag , Bissingen