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SPD fordert Kunzmann-Rücktritt

Soziale Medien Nach polarisierendem Facebook-Post zum Tod von George Floyd und den Demonstrationen gegen Rassismus: Viel Kritik für Nürtinger CDU-Politiker Thaddäus Kunzmann. Von Matthäus Klemke

Thaddäus Kunzmann hat mit einem Facebook-Beitrag für Empörung gesorgt. Archiv-Foto: Ralf Just
Thaddäus Kunzmann hat mit einem Facebook-Beitrag für Empörung gesorgt. Archiv-Foto: Ralf Just

Der Nürtinger CDU-Stadtrat und Landes-Demografiebeauftragte Thaddäus Kunzmann erregt mit einem Facebook-Beitrag die Gemüter. Darin kritisiert er die aktuellen Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Bei vielen Menschen stößt seine Meinung auf Unverständnis und Kritik.

„Achtung. Die nun folgenden Zeilen sind politisch nicht korrekt. Sie widersprechen dem aktuellen Diskussionsstand“ - so ­begin­nt Kunzmann sein Statement auf Facebook. Darin schreibt er, dass er den Tod des US-Amerikaners George Floyd schlimm finde, gibt aber zu bedenken, „dass ­Floyd ein Gewaltverbrecher mit beträchtlichem Vorstrafenregister war. Niemand von uns wollte ihm in der Nacht begegnen.“

Dem CDU-Kreisvorsitzenden geht es zu weit, dass nun Tausende auch in Deutschland gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstrieren. „Irgendwie will ich aus einem Gewaltverbrecher keine Ikone machen“, schreibt er. Zwar gebe es auch hierzulande Rassismus, „dieser Rassismus erreicht jedoch nicht die breite Bevölkerung“, so Kunzmann. „Denn nicht jedes Vorurteil ist gleich Rassismus. Ich behaupte mal, dass niemand ohne Vorurteile lebt.“ Ein Problem mit Polizeigewalt gebe es in Deutschland nicht. „Ich finde, unsere Polizeibeamten müssen sich sogar viel zu viel bieten lassen.“

Besonders die Aussagen im ers­ten Teil seiner Stellungnahme sorgen im Internet für heftige Kritik. „Ein weißer Gewaltverbrecher würde noch leben, behaupte ich mal“, kommentiert ein Nutzer. Ein anderer schreibt: „Ist es nicht völlig unerheblich, dass der Mann vorbestraft war? Er wurde von Polizisten umgebracht, und da ist es doch völlig irrelevant, dass er vorher straffällig war.“ Ein Facebook-Mitglied kritisiert: „Herr Kunzmann, ich bin enttäuscht von Ihrer Aussage. Dieser Mann, ob vorbestraft oder nicht, ist zu Tode gequält worden.“

Zwei Tage nach seinem Facebook-Beitrag jedoch ruderte Kunzmann zurück: „Ich gebe zu, ich hätte es anders schreiben sollen“, entschul­digt er seine Aussagen über Floyds Tod. „Auch für mich ist diese Tat unerträglich. Aber ich möchte so jemanden nicht als Ikone sehen.“ Floyd sei für ihn nicht nur Opfer: „Er ist auch Täter“, bezieht sich Kunzmann auf die Vorstrafen des Mannes. Eine Rassismus-Debatte in Deutschland sei zu viel des Guten: „Es kann nicht sein, dass alles Banale, was gesagt wird, zu Rassismus erklärt wird.“

Kritik an Kunzmanns Aussagen kommt auch aus dem Stuttgarter Staatsministerium: „Das ist totaler Blödsinn“, reagierte der Sprecher der Landesregierung Rudi Hoog­vliet empört. „Was haben die Vorstrafen von George Floyd damit zu tun, wie dieser Mann zu Tode gekommen ist? Das ist nicht zu entschuldigen.“ Zwar habe die Polizei hierzulande kein so immanentes Rassismus-Problem wie es in den USA der Fall ist, doch die Kritik Kunzmanns an den Demonstrationen in Deutschland sei fehl am Platz: „Aus Floyd wird doch keine Ikone gemacht. Dass Menschen gegen Polizeigewalt und Rassismus demonstrieren, ist nur und ausschließlich zu begrüßen“, so Regierungssprecher Hoogvliet.

Auch Beck äußert sich online

Neben dem baden-württembergischen SPD-Generalsekretär Sascha Binder forderte gestern auch SPD-Kreisvorsitzender Michael Beck den Rücktritt von Thaddäus Kunzmann. Beck schrieb in Facebook: „Den Aussagen von Herrn Kunzmann muss klar widersprochen werden. Er relativiert mit seinem Facebook-Eintrag und dem Hinweis auf die Vorstrafen von George Floyd die Polizeigewalt, die zu seinem Tod geführt hat. Nicht der Täter, sondern das Opfer ist demnach schuld. Das ist ein bekanntes Argumentationsmuster, um strukturellen Rassismus zu verharmlosen und zu verschleiern. Das geht gar nicht.“ Und weiter: „Wer solche Argumentationsmuster verwendet, kann nicht mehr offizieller Vertreter der Landesregierung sein. Ich schließe mich der Forderung des SPD-Generalsekretärs Sascha Binder an und fordere Kunzmann daher auf, vom Amt des Demografiebeauftragten der Landesregierung zurückzutreten“, meint Michael Beck.