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Streit um Freundin eskaliert: 31-Jähriger sticht mit Messer zu

Gericht Nürtinger muss sich vor dem Stuttgarter Landgericht wegen versuchten Totschlags verantworten.

Stuttgart. Die Muster gleichen sich: Sein Vater trinkt viel und schlägt die Mutter, er beginnt mit 13 Jahren, ebenfalls reichlich Alkohol zu trinken, bald konsumiert er zusätzlich erst schwächere, dann stärkere Drogen - und auch er schlägt im Rausch zu. Vor dem Landgericht Stuttgart steht ein 31 Jahre alter Mann wegen einer Schlägerei und einer Messerattacke in Nürtingen kurz vor dem Jahreswechsel 2018/2019. Die Anklage wirft ihm gefährliche Körperverletzung und versuchten Totschlag vor.

Auslöser des Streits war der Umgang des Angeklagten mit seiner Freundin, der Ex-Freundin des Geschädigten. Dieser schilderte zum Prozessauftakt, dass er damals mit Kumpels vor einer Bar gestanden sei, als er einen Streit hörte und dabei die Stimme der früheren Partnerin erkannte. „Ich schickte die Kumpels los, ihr zu helfen, denn wenn ich mich als Ex einmische, gibt’s ja doch nur Theater“, schilderte der Mann den Hergang des Geschehens. Plötzlich sei das Paar um die Ecke gekommen, der Angeklagte habe die Frau vor sich her geschubst. „Da ist es aus mir rausgebrochen, und ich bin auf ihn los“, räumte der Arbeitslose unumwunden ein.

„Es ging ständig hin und her, bis ich merkte, dass es mir nicht mehr gelingt, Kraft zu sammeln“, erzählte er weiter. Kurz bevor die Polizei eintraf, machte er sich auf den Weg nach Hause, brach jedoch unterwegs zusammen. Der Messerstich hatte seine Milz durchstochen, die in einer Notoperation entfernt werden musste. Zwei Monate habe er gebraucht, um sich einigermaßen zu erholen. Geblieben ist nach seinen Worten eine hohe Infektanfälligkeit, bereits dreimal erlitt er seit dem Angriff eine Lungenentzündung.

Doch die physischen Verletzungen machen für das Opfer nur etwa 25 Prozent aus, weit schwerer wiegt die psychische Belastung. „Ich muss immerzu an ihn denken“, ruft der in Nürtingen aufgewachsene Mann mit griechischen Wurzeln laut aus, „ich will kein Schmerzensgeld von ihm, ich will nur, dass er aus meinem Leben verschwindet.“ Acht Jahre waren er und die heute 26-Jährige, die gemeinsam einen sechsjährigen Sohn haben, ein Paar, bevor sie sich vor etwa zwei Jahren trennten. Auch in dieser Beziehung gab es viel Streit, Alkohol und Drogen.

Mal kurz angebunden, mal wild gestikulierend versucht die junge Frau im Zeugenstand, den Angeklagten gut dastehen zu lassen. Nein, sie habe kein Messer gesehen, und nein, sie habe auch nicht gerufen: „Er hat ein Messer.“ Nach der Tat will sie nicht mit dem Angeklagten über die Tat gesprochen haben. Erst auf intensives Nachfragen räumt die 26-Jährige ein, der Angeklagte habe gesagt, er werde sich umbringen, weil er nicht in den Knast wolle. Die Antwort auf die Frage des Vorsitzenden Richters, wovor er denn Angst gehabt habe, wenn es „nur“ eine Schlägerei gewesen sei, bleibt die ganz in Schwarz gekleidete junge Frau schuldig.

Das Verfahren wird im Juli mit der Anhörung von weiteren Zeugen und zwei Sachverständigen fortgesetzt.Petra Häussermann