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Verstörende Bilder im Flutgebiet

Einsatz Rettungskräfte aus dem Kreis Esslingen haben in den Hochwassergebieten in Rheinland-Pfalz geholfen. Es galt, Menschen zu evakuieren, zu transportieren und zu betreuen. Von Thomas Krytzner

Zurück von ihrem Einsatz in Rheinland-Pfalz: Die Rettungssanitäter Max Maier und Frank Schober (rechts).Foto: Markus Brändli
Zurück von ihrem Einsatz in Rheinland-Pfalz: Die Rettungssanitäter Max Maier und Frank Schober (rechts).Foto: Markus Brändli

Die Bilder aus den Katastrophengebieten in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Nord­rhein-Westfalen machen betroffen. Mehr als 150 Menschen haben nach letztem Kenntnisstand bei der Jahrhundertflut ihr Leben gelassen, mehrere hundert Menschen sind verletzt und nach wie vor gibt es eine unbestimmte Zahl an Vermissten. Tausende Rettungskräfte aus ganz Deutschland waren und sind vor Ort, um zu retten und zu unterstützen. Auch aus dem Landkreis Esslingen sind Retter des DRK und der Malteser in die Katastrophengebiete gefahren, um zu helfen.

Mit einem Notfallkrankentransportwagen aus Neidlingen im Krisengebiet waren Frank Schober vom DRK-Kreisverband Nürtingen-Kirchheim, Bereitschaft Weilheim, und Max Maier vom Kreisverband Esslingen, Bereitschaft Ostfildern. Für beide stand nach dem Hilferuf des Landes Rheinland-Pfalz sofort fest, dass sie vor Ort helfen. „Die Aufgabe lautete, immer bis zu zwei Personen von A nach B zu transportieren.“ Bei Frank Schober stellte sich jedoch die Frage: „Wie sage ich es meiner Chefin?“ Sein Arbeitgeber, die Handwerkskammer Region Stuttgart reagierte prompt: „Meine Chefin brauchte knapp zwei Minuten, um meine gewünschte Abwesenheit zu bewilligen“, so Schober.

Vor Ort herrschte Chaos pur, wie Frank Schober die ersten Augenblicke in Ahrweiler beschreibt. Während des Einsatzes im Flutgebiet evakuierten die Rotkreuzler aus dem Kreis mehrere Teile Ahrweilers. „Dazu gehörte auch ein Seniorenheim.“ Unterstützung gab es von Feuerwehr und Polizei. Einige Bilder haben sich den Helfern ins Gedächtnis gebrannt: „Es waren zum Teil bizarre Situationen: Bei einem überschwemmten Friedhof waren die Grabsteine auf die Straße gespült und mehrere Autos lagen kreuz und quer auf dem Friedhof“, beschreibt Frank Schober. Auch an ein anderes Erlebnis wird der Weilheimer Rettungssanitäter noch viele Jahren denken: „Hungernde Bürger kamen zu unserem Fahrzeug und fragten nach einem Stück Brot. Wir konnten die Menschen mit unseren mitgebrachten Brötchen und Schinken wenigstens für einen Moment lächeln sehen. Das bereitete Gänsehaut.“

Dennoch: Frank Schober vermutet, dass er das Erlebte gut verarbeiten kann: „Ich habe zum Glück nur Leid gesehen, das sich mit Geld wieder beheben lässt. Sollten die Eindrücke dennoch auf die Psyche drücken, wende ich mich an die Psychosoziale Notfallversorgung.“ Beim Umschalten vom Krisenmodus in den alltäglichen Rotkreuzdienst sieht Frank Schober keine persönlichen Probleme. Er würde auch umgehend wieder in die Katastrophengebiete fahren, um zu helfen: „Wenn weitere Hilfe benötigt oder angefordert wird und es von der Arbeit aus geht, bin ich sofort dabei.“

Weitere Retter des DRK stehen quasi mit gepackten Koffern zu Hause bereit - so auch Schobers 21-jährige Tochter Lea. Frank Schober befürchtet: „Das Drama in den geschädigten Gebieten ist noch lange nicht ausgestanden.“

Vom Malteser Hilfsdienst Neckar-Alb reisten Tom Feigel, Ortsgliederung Filder, und Johannes Leipner, Ortsgliederung Kirchheim, mit einem Krankentransportwagen des Bevölkerungsschutzes in das Hochwassergebiet. Von der Landesmesse Stuttgart aus fuhren die beiden Rettungssanitäter nach Bruchsal, wo sich die Rettungskräfte aus Baden-Württemberg zentral sammelten, und dann durch die Nacht mit Blaulicht Rheinland-Pfalz ansteuerten. „Die Menge an Einsatzfahrzeugen war wirklich krass und das Zusammenwirken so vieler Hilfsorganisationen sehr beeindruckend“, schildert Feigel seine Eindrücke.

Vor Ort angekommen, begannen die Rettungssanitäter, besonders gefährdete Personen vor den Wassermassen in Sicherheit zu bringen. Die Fahrten durch das Schadensgebiet seien gespenstisch gewesen. „Ein komplettes Wohngebiet, durch das wir kamen, war praktisch unbewohnbar. Wir mussten zweimal umdrehen, da Trümmer oder umgestürzte Autos die Straße blockierten“, berichten die Helfer. Patienten seien mit Radladern und Unimogs unmittelbar aus überfluteten Bereichen an die Malteser übergeben worden. „Sie waren teils völlig entkräftet“, so Tom Feigel.

Für die beiden Rettungssanitäter steht außer Frage: „Wenn wir wieder gebraucht werden, fahren wir wieder ins Katastrophengebiet.“ Da immer noch mehrere Ortschaften nicht erreichbar sind und sich die Gesamtsituation noch nicht komplett überschauen lässt, haben sich die Malteser auf einen längeren Einsatz in Rheinland-Pfalz eingerichtet.

Einige Eindrücke haben sich den Rettungssanitätern bei ihrem Einsatz fest ins Gedächtnis gebrannt:  Der Friedhof in Ahrweiler is
Einige Eindrücke haben sich den Rettungssanitätern bei ihrem Einsatz fest ins Gedächtnis gebrannt: Der Friedhof in Ahrweiler ist nur noch ein Trümmerfeld. Foto: DRK Weilheim/OH

Malteser und DRK schicken tausende Helfer

Von den Maltesern sind neben den 22 Helferinnen und Helfern aus Baden-Württemberg insgesamt 300 Kräfte in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Hochwassereinsatz. Sie unterstützen die Feuerwehren, das Technische Hilfswerk, die Wasserrettung und Polizei bei deren Einsatz, etwa durch Verpflegung und Betreuung und das Einrichten von Ruheplätzen. Außerdem stehen Seelsorger und geschultes Personal zur psychosozialen Unterstützung der Einsatzkräfte zur Verfügung. Viele von ihnen sind aktuell erstmals mit solch einer Katastrophensituation konfrontiert worden.

Vom Deutschen Roten Kreuz sind mehr als 3 500 Helferinnen und Helfer aus ganz Deutschland im Dauereinsatz in den Hochwassergebieten. „Die Lage ist verheerend und bleibt weiterhin bedrohlich. Es geht immer noch darum, Leben zu retten und Menschen mit dem Notwendigsten zu versorgen“, sagt DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt.

DRK und Malteser raten Spontanhelfern von außerhalb dringend davon ab, einfach in die Katastrophengebiete zu reisen, da dies die koordinierten Hilfsmaßnahmen gefährdet. Freiwillige, die in den betroffenen Gebieten helfen möchten, sollten sich an die jeweiligen Landkreisverwaltungen wenden, die die Katastropheneinsätze koordinieren.kry