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Von ihr wird noch zu hören sein

Musik Auch im Ruhestand will Flötistin Elisabeth Deinhard weiter Konzerte geben. Zwei Jahre lang können aber noch Schülerinnen und Schüler der Städtischen Musikschule Esslingen von ihrem Wissen profitieren. Von Rainer Kellmeyer

Seit 52 Jahren ist die Querflöte „ihr“ Instrument: Elisabeth Deinhard ist eine Flötistin aus Leidenschaft.Foto: Rainer Kellmayer
Seit 52 Jahren ist die Querflöte „ihr“ Instrument: Elisabeth Deinhard ist eine Flötistin aus Leidenschaft.Foto: Rainer Kellmayer

Als ich mit zwölf Jahren mit dem Querflötenspiel begann, spürte ich: Das ist mein Instrument“, erinnert sich Elisabeth Deinhard. Die Flötistin unterrichtet an der Städtischen Musikschule Esslingen Querflöte und leitet dort den Fachbereich Blasinstrumente. Mit der Flöte, deren schwereloser Klang sie faszinierte, habe sie ein Sprachrohr gefunden, mit dem sie alles ausdrücken konnte, wo die Worte fehlten.

Schon früh kam die heute 64-Jährige, die in der rheinländischen Stadt Velbert in einem musikalischen Elternhaus aufgewachsen ist, mit der Musik in Kontakt. Sie spielte verschiedene Blockflöten, und während der Schulzeit war sie im musischen Gymnasium in Essen-Werden musikalisch aktiv. Nach dem Abitur führte der Weg zum Musikstudium an die Folkwang Hochschule Essen. Doch nach einigen Semes­tern spürte sie den Drang nach Veränderung und neuen Impulsen: Deinhard wechselte an die Stuttgarter Musikhochschule zu Klaus Schochow. „Die Agilität des Professors und sein unermüdlicher Einsatz für die Studenten haben mich beeindruckt“, sagt sie.

Nach dem Musiklehrer-Diplom erweiterte sie ihr flötistisches Spektrum in einem Aufbaustudium bei Gülsen Tatu und als DAAD-Stipendiatin in London beim international renommierten Flötisten William Bennett. „Vom inspirierenden Unterricht und dem speziellen Klangideal Bennetts habe ich sehr profitiert“, sagt Deinhard, die ursprünglich Orchestermusikerin werden wollte. Als Aushilfe spielte sie in den Opernorches­tern Wuppertal, Ulm und Pforzheim. Schließlich aber setzte sich ihre Begeisterung für das Unterrichten durch und sie arbeitete an verschiedenen Musikschulen, hatte einen Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule in Reutlingen und kam 1982 an die Städtische Musikschule Esslingen, wo sie als Honorarlehrerin anfing. Die Schülerzahlen stiegen und sie erhielt eine hauptamtliche Stelle. Einige Jahre später wurde ihr die Leitung des Fachbereichs Blasinstrumente übertragen.

Ihre Schülerinnen und Schüler bereichern in Veranstaltungen der Musikschule nicht nur das Esslinger Konzertleben. Viele von ihnen waren auch beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ in der Solo- und Ensemblewertung erfolgreich. „Es macht mich stolz, dass einige meiner Schüler Preise auf Bundesebene erspielten“, freut sich die Musiklehrerin. Manche ihrer ehemaligen Eleven hätten es bis zur professionellen Musikerkarriere geschafft. Trotz allen Anspruchs ist für Deinhard klar: Musik muss Spaß machen. Wichtig ist ihr die Beziehung zu den Schülern, auf deren Wünsche und Bedürfnisse sie individuell eingeht.

Dabei vermittelt sie nicht nur das instrumentale Rüstzeug - oft werden im Unterricht auch Bezüge zur bildenden Kunst hergestellt. „Wenn ich Claude Debussys Solostück ‚Syrinx‘ mit einem Schüler erarbeite, zeige ich Parallelen zur filigranen Malerei des Impressionismus auf“, erklärt sie. So sei die Komposition besser zu verstehen und eine schlüssigere Interpretation zu erreichen. Nicht nur im Ins­trumentalunterricht ist ­Elisabeth Deinhard erfolgreich, sondern auch als Dirigentin. Über viele Jahre leitete sie das „Orchester + -50“ der Musikschule, in dem Erwachsene gemeinsam musizieren.

Wiener Klassik in Indien

Neben dem Unterrichten ist die Kammermusik eine Leidenschaft der Flötistin. Viele Jahre musizierte sie im „Trio con brio“. In der außergewöhnlichen Besetzung von Flöte, Bratsche und Gitarre hat sie Literatur aus vier Jahrhunderten Musikgeschichte gespielt. „Bekannte Komponisten wie Leo Brouwer haben speziell für unser Trio komponiert.“ Konzertreisen führten das Ensemble durch Syrien, Oman, Kanada und die USA. Im Stuttgarter „Artemis Ensemble“ und im Bläserquintett „Lingeno“ ist die Flötistin ebenso gefragt. Ihre besondere Liebe gehört jedoch dem „Duo Feliz“. Ein gemeinsamer Auftritt in Coimbatore, Esslingens indischer Partnerstadt, war für Deinhard und den Gitarristen Michael Thele der Startschuss. Ihr Repertoire speist sich aus einem großen Fundus originaler Werke von der Renaissance über die Wiener Klassik bis zu zeitgenössischen Kompositionen.

Wenn Deinhard, die an Geschichte interessiert ist und sich mit Stepptanz fit hält, in zwei Jahren in den Ruhestand geht, fürchtet sie keine Langeweile: „Ich werde meine Schülerinnen und Schüler der Musikschule vermissen, möchte jedoch weiterhin unterrichten.“ Und auch der ­Querflöte bleibt sie treu: „Man wird mich immer wieder solistisch oder im Ensemble hören.“