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Was ist links?

Zur Berichterstattung über den G 20-Gipfel und den Leserbriefen zum Thema

Es nervt, wenn anlässlich des G 20-Gipfels und der Randale eine Diskussion über die „Linken“ (ich meine nicht die Partei Die Linke) in unserem Land entfacht wird, die unerträglicher nicht sein kann.

Eins vorab: Die Ausschreitungen in Hamburg waren Verbrechen, von Leuten begangen, die nur darauf aus waren, Randale zu machen, Polizisten anzugreifen und Läden zu plündern. Diese Leute gehören durch die Polizei überführt und durch unsere Justiz für ihre Taten bestraft.

Aber was diese Verbrecher nicht waren: Sie waren nicht links. Sie waren so wenig links wie randalierende Hooligans in Stadien Fußballfans sind. Es hat Tradition in Deutschland, gegen politisch links denkende Menschen vorzugehen. Im „Dritten Reich“ wurden Sozialisten und Kommunisten verhaftet, ins Gefängnis und KZ gesteckt, viele von ihnen wurden ermordet. Auch viele meiner Generation wurden als „linke Spinner“, die doch nach drüben (also DDR) gehen sollen, verunglimpft. Was haben wir getan? Wir haben demonstriert gegen den verbrecherischen Krieg der USA in Vietnam, gegen den Nato-Doppelbeschluss, gegen Stationierung von Pershing-Raketen, gegen Atomkraftwerke. Alles Dinge, die aus heutiger Sicht zur Demokratisierung unseres Landes beigetragen haben.

Die Tradition, gegen links zu sein, lässt sich jetzt wieder wunderbar fortsetzen durch Leute, die sich mit dem Thema wahrscheinlich nie auseinandergesetzt haben. Man braucht ja Sündenböcke, gerade in Wahlkampfzeiten. Ich bin für Frieden auf der Welt. Ich bin Pazifist und Kriegsdienstverweigerer. Ich bin für soziale Gerechtigkeit für alle Menschen auf der Erde. Ich bin gegen Ausbeutung der Dritten Welt durch den global agierenden Kapitalismus. Ich möchte, dass der Hunger in diesen Ländern mit Hilfe der reichen Staaten bekämpft wird. Ich bin ein überzeugter Europäer. Ich bin für ein schnelles Vorgehen zur Bekämpfung des Klimawandels, ich bin Gewerkschafter und seit 45 Jahren Mitglied der SPD. Und: Ich bin links - und das ist gut so.

Ulrich Blattner, Notzingen