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Weber liefert Gebrauchsanweisung für den freien Willen

Kabarett Philipp Weber hat in der Naberner Zehntscheuer zum politischen Rundumschlag ausgeholt.

Kirchheim. Wie heißt es so schön: Der Mensch kauft Dinge, die er nicht braucht, um Leute zu beeindrucken, die er nicht mag. Philipp Webers neues Programm ist ein feuriger Schutzwall gegen jegliche Versuche der Manipulation, eine heitere Gebrauchsanweisung für den freien Willen.

Der Funke springt sofort über, als der Protagonist schwungvoll und gestenreich auf die Bühne stürmt und mit geistvollem Humor die zahlreichen Zuhörer im historischen Ambiente der Zehntscheuer in seinen Bann zieht. Philipp Weber gibt auch bei seinem dritten Gastspiel in Nabern den Turboquassler - mit seinem Programm „N°5: Ich liebe ihn“. Er redet schnell, philosophiert, reflektiert, ereifert sich oder geht wie das HB-Männchen in die Luft. Weber wirft mit originellen Sprüchen, Kalauern und satirischen Spitzen nur so um sich, lässt pausenlos Pointen auf das Publikum los.

„Ich habe euch meinen Willen aufgezwungen, dass ihr heute hier seid“, ruft Weber. „Es wurde Werbung gemacht. Ich habe euch manipuliert. Darum geht es heute, um Manipulation. Werbung ist Manipulation! Das ist doch das Los von uns Künstlern: Weil niemand mehr ordentlich für die Kunst bezahlen will, müssen wir uns an die Werbung verkaufen. Viele Künstler haben Werbung gemacht.“

Drei Beispiele bekannter Literaten hat Weber parat: Frank Wedekind. Der hat Werbung für Maggi gemacht, von dem stammt der Slogan: „Mein Vater, mein Vater, ich werd nicht Soldat, weil man bei der Infanterie keine Maggi-Suppen hat.“ Antwort: „Mein Söhnchen, mein Söhnchen, kommst du erst zur Truppe, isst man dort auch schon Maggis Fleischkonservensuppe.“

Heinrich Heine, jämmerlich in Paris im Exil verreckt, hat sofort seine Reime an die Pharma-Industrie verkauft: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht. Doch nehm von Merck ich ‘ne Tablette, dann lieg ich gut in meinem Bette.“

Oder Friedrich Schiller im „Wilhelm Tell“: „Trefft diesen Apfel, das ist mein Wille, gebt mir diesen Apfel und von Fielmann eine Brille!“

Die etwas andere Obergrenze

Der Kabarettist bringt auch scharfsinnige Beobachtungen zu gesellschaftlich relevanten Themen zur Sprache: „Unterschätzen Sie niemals die Macht der Emotion! Wenn du die Gefühle der Menschen beherrschst, beherrschst du sie. Warum hat die SPD bei der Bundestagswahl 2017 so stark abgeschmiert? Warum ist das so? Es liegt an ihrem Slogan ‚Zeit für mehr Gerechtigkeit!‘. In einer reichen Gesellschaft will doch niemand Gerechtigkeit. Nein, in einer reichen Gesellschaft geht es um die Sicherheit.“

Das sei doch das Paradoxe am Besitz, meint Weber: „Je mehr man hat, umso mehr hat man Angst, es zu verlieren. In einer reichen Gesellschaft will man nicht teilen, und man hat Angst vor Fremden. Damit wurde schon immer Politik gemacht. Die AfD schürt die Angst vor Fremden. Aber die CSU musste feststellen, im Zweifelsfall wählen die Menschen lieber das Original.“ Vielleicht ist es auch eine Strafe des Herrn gewesen, überlegt Weber weiter. Selbst höchste Vertreter der katholischen Kirche hätten gesagt, die Flüchtlingspolitik der CSU sei nicht christlich. Deshalb schlussfolgert Weber: „Damit kommt Seehofer nicht in den Himmel! Wenn der klopft, sagt der Petrus: ‚Du kommst hier nicht rein!‘ Der Seehofer fragt: ‚Wieso? Ich bin doch immer ein so ein braver Bub gewesen.‘ Darauf Petrus: ‚Seit Franz Josef Strauss hier ist, haben wir für bayerische Ministerpräsidenten eine Obergrenze eingeführt‘.“

Tosender Beifall, Zugaben und Webers Versprechen, die Naberner erneut zu besuchen, beenden den Abend - Kabarett auf höchstem Niveau.Hans-Günther Driess