Unzugeordnete Artikel

Wertvolle Tipps für die „Letzte Hilfe“

Soziales Der DRK-Kreisverband hat in Owen zwei Kurse zur Sterbebegleitung angeboten. Das Lindern von Beschwerden und die Achtung der Selbstbestimmtheit stehen im Mittelpunkt. Von Anke Kirsammer

Christiane Wiedemann (links) und Tanja Baumann vermitteln in dem Letzte-Hilfe-Kurs Basiswissen zum Thema Sterben und geben Denka
Christiane Wiedemann (links) und Tanja Baumann vermitteln in dem Letzte-Hilfe-Kurs Basiswissen zum Thema Sterben und geben Denkanstöße zur Vorbereitung auf den eigenen Tod.Foto: Carsten Riedl

Der eine greift zum Most, die andere erst zum Bier und in der zweiten Runde zum Orangensaft. An den aus Zahnstochern gefertigten Lutschern kleben erfrischende Eiswürfel mit unterschiedlichem Geschmack - einer von zahlreichen praktischen Tipps, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Letzte-Hilfe-Seminars an die Hand bekommen. Mit der einfach umsetzbaren Idee lassen sich das Lindern von Mundtrockenheit eines Sterbenden und seine Vorlieben verbinden. „Auch Fleischbrühe kann man einfrieren, wenn die jemandem besonders schmeckt“, sagt die Initiatorin des Kurses, Tanja Baumann. Zusammen mit der ehrenamtlichen Trauerbegleiterin Christiane Wiedemann und der Altenpflegerin Christina Scheu führt die Seminarleiterin durch den vierstündigen Abend, den der Kreisverband Nürtingen-Kirchheim zweimal im Katastrophenschutzzentrum in Owen angeboten hatte.

Das Beispiel mit den Eiswürfeln zeigt, was für die drei Referentinnen bei der Begleitung von Sterbenden im Mittelpunkt steht: Das Mildern von Beschwerden und die Achtung der Selbstbestimmtheit. Ob es das Halten der Hand ist, die Verwendung von Düften oder Musik - stets gelte es, den Wunsch der Sterbenden oder des Sterbenden zu respektieren. Selbst wenn jemand am Ende seines Lebens nicht mehr essen und trinken wolle, müsse das akzeptiert werden. „Der Energiebedarf sinkt, der Stoffwechsel ändert sich“, erklärt Tanja Baumann. „Es genügt nicht nur, am Leben zu sein, man muss auch ein Leben haben.“ Immer wieder werden in das stramme Programm derlei nachdenkenswerte Sätze eingestreut. Und es geht darum, Denkanstöße für eine individuelle Sterbebegleitung zu geben. Dass sich viele Menschen mit dem unbequemen Thema auseinandersetzen, zeigt der Blick in eine vollbesetzte Runde trotz des zeitgleich laufenden Fußballklassikers.

Der Kurs möchte Ängste und Unsicherheiten nehmen und verweist auf unterstützende Angebote von Hospizdiensten und sozialen Netzwerken. Angesprochen werden vorsorgende Papiere wie Patientenverfügung und Vollmachten. Doch in erster Linie bekommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Basiswissen vermittelt: Jemandem, der vermehrt im Bett liege und dessen Bewusstseinslage sich verändere, gehe das Gefühl für die Zeit verloren, erklärt Christina Scheu. Hilfreich sei, ihm eine Tagesstruktur zu geben. Wichtig ist den Referentinnen ein ganzheitlicher Ansatz, denn nicht nur der Körper und die Psyche seien betroffen, auch sozial und spirituell ändere sich in der letzten Zeitspanne vor dem Tod vieles: Angst und Unruhe machten sich oft breit, Sterbende litten unter dem Verlust ihrer Rolle in der Familie, die Frage nach dem Sinn des Lebens dränge sich in den Vordergrund.

Tiefes Ein- und Ausatmen, die Hände auf den Bauchnabel - so sieht die Übung aus, um sich zu „zentrieren“, wie Christina Scheu es nennt. Erst wer als Pflegende oder Pflegender bei sich sei, könne sich dem Gegenüber voll widmen. Und sie appelliert: „Sprechen Sie nie über den Sterbenden in dessen Beisein, denn der Hörsinn ist der Sinn, der am längsten bleibt.“

Animiert werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch, sich über das eigene Sterben Gedanken zu machen und sie zu notieren. Dazu gehört zu überlegen, was man selbst zum Lebensende möchte, was für jeden Lebensqualität ist und was man sich für die Bestattung wünscht. Dabei gelte es zu bedenken, was das jeweils für die Hinterbliebenen bedeutet. „Haben Sie den Mut, darüber zu sprechen“, so Tanja Baumann.

Christiane Wiedemann regt an, über Rituale nach dem Tod nachzudenken: Ob es das Wegräumen der Pflegeutensilien ist, man dem Verstorbenen eine Blume in die Hand legt, das Fenster öffnet oder eine Kerze anzündet - die Ideen sind vielfältig. In den Abend entlassen werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem Impuls, vielleicht nicht nur gedanklich einen Koffer für die „letzte Reise“ zu packen und dabei zu überlegen: „Was möchte ich der Nachwelt hinterlassen?

Tanja Baumann ist die InitiatorinTanja Baumann ist die Initiatorin

Christiane Wiedemann (links) und Tanja Baumann vermitteln in dem Letzte-Hilfe-Kurs Basiswissen zum Thema Sterben und geben Denka
Christiane Wiedemann (links) und Tanja Baumann vermitteln in dem Letzte-Hilfe-Kurs Basiswissen zum Thema Sterben und geben Denkanstöße zur Vorbereitung auf den eigenen Tod.Foto: Carsten Riedl

Der DRK-Kreisverband Nürtingen-Kirchheim ist gemäß Roland Rath, Leiter des Notfallnachsorgedienstes, unter dessen Dach die Letzte-Hilfe-Kurse angesiedelt sind, die einzige „Blaulichtorganisation“ im Kreis, die diese Seminare anbietet. Der nächste Kurs findet am 9. November beim DRK-Kreisverband in Nürtingen statt.

Initiiert wurden die DRK-Seminare von Tanja Baumann. Wie Christiane Wiedemann, ebenfalls ausgebildete Kursleiterin, gehört sie dem DRK-Notfallnachsorgedienst an. Zudem ist sie Mitinitiatorin von „Schnitt.Leben“, einer Arbeitsgruppe des Vereins „Unser Netz“. Ein Anliegen ist es den Mitgliedern, über Tod und Sterben nachzudenken.

Die Letzte-Hilfe-Kurse des DRK Kreisverbands finden nach den Richtlinien von „Letzte Hilfe Deutschland“ statt. Die Idee zu Letzte-Hilfe-Seminaren geht auf Dr. Georg Bollig zurück. Dem Palliativmediziner geht es um Hilfe bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, mit dem Ziel, Leiden zu lindern und Lebensqualität zu erhalten.ank

Der DRK-Kreisverband Nürtingen-Kirchheim ist gemäß Roland Rath, Leiter des Notfallnachsorgedienstes, unter dessen Dach die Letzte-Hilfe-Kurse angesiedelt sind, die einzige „Blaulichtorganisation“ im Kreis, die diese Seminare anbietet. Der nächste Kurs findet am 9. November beim DRK-Kreisverband in Nürtingen statt.

Initiiert wurden die DRK-Seminare von Tanja Baumann. Wie Christiane Wiedemann, ebenfalls ausgebildete Kursleiterin, gehört sie dem DRK-Notfallnachsorgedienst an. Zudem ist sie Mitinitiatorin von „Schnitt.Leben“, einer Arbeitsgruppe des Vereins „Unser Netz“. Ein Anliegen ist es den Mitgliedern, über Tod und Sterben nachzudenken.

Die Letzte-Hilfe-Kurse des DRK Kreisverbands finden nach den Richtlinien von „Letzte Hilfe Deutschland“ statt. Die Idee zu Letzte-Hilfe-Seminaren geht auf Dr. Georg Bollig zurück. Dem Palliativmediziner geht es um Hilfe bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, mit dem Ziel, Leiden zu lindern und Lebensqualität zu erhalten.ank