Neujahrspressegespräch mit Rainer Arnold: Der SPD-Bundestagsabgeordnete startet nachdenklich ins Wahljahr 2013
„Peer Steinbrück ist mein Wunschkandidat“

Die Tage der schwarz-gelben Koalition sind gezählt: Davon ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold überzeugt. Er steht – trotz eines „holprigen Starts“ – hinter dem SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück.

Heike Allmendinger

Unterensingen. Ja, ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl hätte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück schon zeigen können, als er jüngst in einem Zeitungs-Interview ein höheres Kanzlergehalt gefordert hatte, räumte Rainer Arnold beim gestrigen Neujahrspressegespräch in Unterensingen ein. „Er hätte sagen müssen: Ich rede nicht mehr über Geld“, fügte Arnold im Hinblick auf die üppigen Rednerhonorare Steinbrücks hinzu, die ihm ebenfalls einen Imageschaden verpasst hatten. Doch trotz des „holprigen Starts“ des Kanzlerkandidaten steht Rainer Arnold hinter Steinbrück: „Mit ihm als SPD-Kanzlerkandidat bin ich sehr glücklich. Er ist mein Wunschkandidat.“

Wenn die SPD bei der Bundestagswahl im Herbst erfolgreich sein wolle, dann müsse sie auch Wähler aus dem konservativen Lager, also bisherige Anhänger der CDU, auf ihre Seite holen. „Und das schaffen wir mit Steinbrück am ehesten.“ Seine Partei stärke Steinbrück „in viel höherem Maße“ den Rücken als dies in den Medien zum Ausdruck komme, verdeutlichte der Bundestagsabgeordnete. Und außerdem kenne er viele Bürger, die Steinbrück für den richtigen Mann halten, fügte Arnold hinzu. „Aber natürlich ist auch das Gefühl, dass die da oben den Hals nicht voll kriegen, bei den Menschen verstärkt worden.“ Deshalb müssten solche „unnützen“ Äußerungen ein Ende haben.

Der schwarz-gelben Koalition prophezeit Arnold, der seit 1998 im Bundestag sitzt und im Herbst erneut kandidiert, nach der Bundestagwahl das Ende. „Diese Koalition wird so nicht zustande kommen. Das Thema Schwarz-Gelb ist definitiv abgehakt.“ Die Kollegen der CDU hätten die Nase gestrichen voll von ihrem Koalitionspartner, berichtete der 62-Jährige. Welche Konstellation sich nach der Bundestagswahl ergibt, sei völlig offen. „Wir arbeiten für Rot-Grün, denn wir haben die größten Schnittmengen.“ Doch wenn die Wähler eine andere Konstellation wünschen, werde man dies berücksichtigen.

Wichtig sei es nun, keinen Wahlkampf über Spekulationen zu führen, sondern „die Inhalte stärker sichtbar zu machen“. Der CDU dürfe es nicht gelingen, alle Themen an sich zu reißen. Die SPD müsse Profil zeigen. „Die Menschen dürfen nicht den Eindruck haben, dass es egal sei, ob man wählt oder nicht.“

Rainer Arnold startet in dieses Wahljahr nachdenklich gestimmt, fügte er hinzu. Zwar könne Deutschland derzeit eine gute Wirtschaftssituation vorweisen, aber es gebe – was den Euro und die wirtschaftliche Entwicklung auf dem Globus anbelangt – unkalkulierbare Risiken. In diesem Zusammenhang hielt Arnold mit Kritik an Kanzlerin Angela Merkel nicht hinterm Berg: Sie verschiebe Themen wie Schuldenschnitt oder gemeinsame Haftung auf die Zeit nach der Bundestagswahl.

Was die Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten und den Konflikt im Iran anbelangt, sieht der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion ebenfalls Risiken. „Das muss uns Sorgen machen.“

Beim Thema Rüstungsexporte vermisst der Politiker eine Transparenzverpflichtung für die Bundesregierung. „Es geht nicht, dass sich die Regierung im Bundessicherheitsrat versteckt“, sagte Arnold. Außenpolitik sei eben nicht nur Schwarz oder Weiß, es gebe auch viel Grau. Deshalb müsse die Regierung den Bürgern Erklärungen liefern. Aber dies verweigere sie.

Mit Blick auf Baden-Württemberg freut sich der SPD-Abgeordnete darüber, dass „die Sozialdemokraten im Land regieren und gefragt sind“. Weniger erfreulich sei für ihn persönlich allerdings, dass er als einziger Sozialdemokrat den Wahlkreis Nürtingen zu beackern habe. „Das ist schwierig, was die sichtbare Präsenz anbelangt. Ich kann mich eben nicht zweiteilen.“

Als Schwerpunkt hat sich Rainer Arnold für die nächsten Wochen das Thema „Deutschland als Produktions- und Industriestandort“ gesetzt. „Gerade bei uns in der Region muss dies eine herausragende Bedeutung haben.“ Produktion und Zukunftstechnologien seien keine Gegensätze; vielmehr seien erneuerbare Energien ein Standort- und Produktionsfaktor.

In diesem Zusammenhang kam Arnold auf die Energiewende zu sprechen: Hier fordert er nicht nur einen Masterplan, sondern auch ein Energieministerium in Berlin. „Wir brauchen ein Ressort, das sich speziell darum kümmert“, ist Arnold überzeugt.

Der Bundestagsabgeordnete ging darüber hinaus auf die Flächenausweitung von Unternehmen im Raum Stuttgart ein. „Wir brauchen Erweiterungsflächen für Unternehmen im gewerblichen Bereich. Nicht jede Flächenausweitung ist des Teufels“, betonte er. Wichtig ist dem SPDler au­ßerdem, gegen Missbrauch von Leiharbeit vorzugehen und sich für gleichen Lohn für gleiche Arbeit einzusetzen. Den Euroraum stabil zu halten und Ländern wie Griechenland zu helfen, ist für Arnold selbstverständlich. „Moralisch und auch aus wirtschaftlichen Interessen können wir hier nicht einfach nur zuschauen.“