Kreis Esslingen. Arbeitslosigkeit, Krankheit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, familiäre oder persönliche Krisen – es gibt viele Gründe, weshalb Menschen in die private Schuldenfalle geraten. „Der Bedarf an Beratungen hat deutlich zugenommen“, erklärt Sonja Pross von der Diakonischen Bezirksstelle Filder. „Es kann jeden treffen.“ Da ist es umso wichtiger, dass es im Landkreis ein funktionierendes Netz von sechs Beratungsstellen gibt. Dort arbeiten 13 Beraterinnen und Berater, die sich acht Vollzeitstellen teilen, sowie 20 Ehrenamtliche. Träger sind der Kreisdiakonieverband, der Landkreis und das DRK.
Einer Novellierung der Insolvenzordnung stehen die Schuldnerberater im Kreis Esslingen nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. „Den Referentenentwurf, den es zunächst gab, konnten wir in weiten Teilen nachvollziehen“, erklärt Christine Schulta von der DRK-Beratungsstelle in Nürtingen. „Der Regierungsentwurf zur neuen Insolvenzordnung hat uns jedoch erschreckt.“ Und weil die Fachleute im Interesse ihrer Klienten nicht einfach zuschauen wollten, wie ein nach ihrer Einschätzung falscher Weg eingeschlagen wird, machten der Kreisdiakonieverband und der DRK-Kreisverband ihre Bedenken nun auch in einem Schreiben an die hiesigen Bundestagsabgeordneten deutlich. Dass alle, bis auf die FDP, bereits reagierten, hat Eberhard Haußmann, den Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbandes, nicht überrascht: „Der Entwurf trägt die liberale Handschrift.“
Was viele Praktiker aus der Schuldnerberatung vor Ort besonders ärgert: Der Referentenentwurf für das neue Insolvenzrecht hatte eine Stärkung des außergerichtlichen Einigungsversuchs angedacht, der die Gerichte entlasten, Kosten senken und Schuldnern wie Gläubigern nützen kann. Als jedoch das Regierungspapier aufs Tapet kam, war davon nicht mehr die Rede. Vielmehr würden die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung nach Einschätzung der Schuldnerberatungsstellen durch die Neuregelung erheblich eingeschränkt werden, was unter anderem höhere Kosten für den Staat zur Folge hätte.
Zudem sehen die Experten durch die neue Regelung „ein ungerechtes Zwei-Klassen-System“ auf sich zukommen: Geringverdienenden Schuldnern und Beziehern von Sozialhilfe bleibe ein zügiger Neubeginn weiter verwehrt, während solventere Schuldner sich leichter aus der Schuldenfalle befreien könnten. Und schließlich sehen die Fachleute nicht nur die Qualität der persönlichen Beratung, sondern durch zu geringe Vergütungssätze bei Schuldnern ohne Aussicht auf einen außergerichtlichen Einigungsversuch auch die Finanzierung der Beratungsstellen gefährdet. Deshalb drängen DRK, Kreisdiakonieverband und Berater auf eine Änderung des Gesetzentwurfs. „Wir haben ein gut eingeführtes Verfahren, das für Schuldner und Gläubiger gleichermaßen sinnvoll ist. Das darf nicht verschlechtert werden“, sagt der Esslinger Schuldnerberater Stefan Freeman.