Wer in Kirchheim ausgehen will, kommt um Zigarettenqualm häufig nicht herum
Rauchfreie Kneipen gibt es selten

Kneipen und Bars, in denen gar nicht geraucht werden darf, sind in Kirchheim Mangelware. Was die Raucher freut, ist für viele Nichtraucher unangenehm. Das Ordnungsamt kann jedoch nur bei groben Verstößen einschreiten.

Kirchheim. Seit 2007 ist das Rauchen in baden-württembergischen Schulen, Jugendhäusern, Kindertageseinrichtungen, öffentlichen Gebäuden und Gaststätten, in denen warme Speisen serviert werden, verboten. Ausnahme ist das Rauchen in klar abgetrennten Nebenräumen. 2009 wurde das Gesetz nochmals geändert, um einen Ausgleich zwischen dem Nichtraucherschutz und den wirtschaftlichen Interessen der Wirte von kleinen Einraumkneipen, sogenannten Eckkneipen, zu schaffen. Demnach ist in Kneipen, die 75 Quadratmeter oder kleiner sind, das Rauchen zulässig, wenn dort keine oder nur kalte Speisen serviert werden. Minderjährige dürfen in solchen Kneipen nicht bedient werden.

Während viele Restaurants und Cafés in Kirchheim komplett rauchfrei sind, muss man Kneipen oder Bars, in denen gar nicht gequalmt werden darf, mit der Lupe suchen. Das Gesetz enthält außerdem Schlupflöcher, die von den Gastronomen genutzt werden: Der Gesetzgeber schreibt zwar vor, dass das Rauchen in Gaststätten nur in klar abgetrennten Nebenräumen zulässig ist. Der Nichtraucherraum sollte also der Hauptraum sein. Doch wer in Kirchheims Kneipen unterwegs ist, wird rasch feststellen, dass der Raucherraum häufig der Hauptraum ist. Das beobachtet auch Jürgen Kölle, Sachgebietsleiter beim Gewerbe- und Gaststättenamt und zuständig für den Nichtraucherschutz. „Dort, wo der Tresen steht und die Leute nur trinken, darf meistens geraucht werden, wenn die Wirte nachweisen können, dass sie ihren Hauptumsatz mit Getränken machen, nicht mit Speisen“, sagt er. Solche Fälle würden im Einzelfall geprüft.

Dass Nichtraucher auf dem Weg zur Toilette durch den Raucherraum hindurch müssen, sei laut dem Gesetzgeber zumutbar, sagt Jürgen Kölle. Allerdings müssen zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens Raucher- und Nichtraucherraum durch eine Tür klar voneinander abgetrennt sein. Dass diese häufig offen bleibt, weil die Bedienungen mit ihren vollen Tabletts nicht jedes Mal die Tür auf- und wieder zumachen wollen, kommt laut Jürgen Kölle immer wieder vor. „Wenn die Tür zum Nichtraucherraum offen steht, verhängen wir ein Bußgeld“, sagt der Sachgebietsleiter. Allerdings sind er und seine Mitarbeiter darauf angewiesen, dass Gäste solche Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz auch wirklich melden. „Wir können nicht überall sein“, sagt Kölle. Beschwerden von Gästen seien jedoch sehr selten. Im den letzten zwölf Monaten habe es nur zwei gegeben.

Wenn ein Verstoß gemeldet wird, geht das Ordnungsamt der Beschwerde nach. „Kürzlich hat sich beispielsweise ein Gast beschwert, weil in einer Einraumkneipe warmes Essen serviert und gleichzeitig geraucht wurde“, erzählt Kölle. Der Gastronom wurde vorgeladen und musste sich zwischen den warmen Speisen und dem Rauchen entscheiden. Letztendlich war ihm das Rauchen wichtiger. Laut Kölle befindet sich der Wirt damit in guter Gesellschaft. „Die meisten Wirte entscheiden sich fürs Rauchen, weil die Gäste angeblich zu 80 Prozent Raucher sind“, sagt Kölle.

Der Sachgebietsleiter und seine Kollegen sind mit dem Nichtraucherschutzgesetz in Baden-Württemberg unzufrieden. „Ein komplettes Rauchverbot in Gaststätten, wie es in Bayern gilt, wäre uns am liebsten“, sagt er. Dort wisse wenigstens jeder, woran er sei. Jürgen Kölle findet, dass für die Nichtraucher in Kneipen zu wenig getan wird. „Was der Gesetzgeber erreichen wollte, ist nicht geglückt“, sagt er.