Kirchheim. Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker erinnerte angesichts des drohenden Facharbeitermangels daran, wie dringend gehandelt werden müsse, und bedauerte es, dass die Bildungsregion im Landkreis Esslingen mangels Interesse der anderen Großen Kreisstädte nicht zustande gekommen sei.
Volker Seitz von der Arbeitsagentur sprach von der Vielzahl neuer Berufe und Berufsfelder, die jedes Jahr entstehen. Es müsse gelingen, die Jugendlichen gerade darauf vorzubereiten und dafür fit zu machen. Gabriele Allgaier nannte aus Sicht der Job-Center die Problematik, dass es oftmals nicht nur an der Ausbildungsreife mangelt, sondern auch am Willen. Deshalb gebe es in Kirchheim das Projekt „ICE – Intensives Coaching für Einzelne“, das sich speziell für sozial Benachteiligte einsetzt.
Jürgen Henzler vom Staatlichen Schulamt nannte die vielen Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen als Beispiel für Kooperationen. Allerdings dachte er nicht ausschließlich an Hauptschüler, als er feststellte: „Wir brauchen nicht nur Facharbeiter, sondern auch Ingenieure.“
Aus Sicht des türkischen Gesamtelternbeirats sagte Nurcan Agtas, dass sie sich „mehr Unterstützung in der Sprache im Kindergarten- und Grundschulalter“ wünsche. Bei der Berufswahl müsse es für türkische Eltern vielleicht auch zweisprachige Informationen geben, denn – so stellte Nurcan Agtas fest: „Es gibt leider immer noch viele Eltern, die die deutsche Sprache nicht so gut beherrschen.“
Thomas Auerbach, Vorsitzender des Kirchheimer Gesamtelternbeirats griff die Aussage auf, dass Jugendliche selbst hinter ihrer Berufswahl stehen müssen: „Man muss ihnen vermitteln, dass Arbeit nicht nur etwas Lästiges ist, sondern auch Freude und Erfüllung bringt.“ Allerdings sei der Ausbildungsberuf heutzutage nicht mehr der Beruf, der dann zwangsläufig ein Leben lang ausgeübt werde.
Für die Arbeitgeber sprachen Bernd Sigel von der Bäckerei Scholderbeck und Frank Weigele von der Firma EWS. Bernd Sigel erwartet von Auszubildenden „Grundtugenden“ wie Pünktlichkeit, aber auch genügend Frustrationstoleranz, um sich in einer Hierarchie richtig einordnen und sich auch etwas sagen lassen zu können. Frank Weigele zählte weitere Grundtugenden auf wie Zuverlässigkeit, Engagement oder Willenskraft. Auch er stellte heraus, wie wichtig Praktika sind: „Ein Eignungstest hat viel weniger Aussagekraft als ein Praktikum.“
Sibylle Schober, Referentin für Ausbildereignungsprüfung und Mitglied im IHK-Prüfungsausschuss, verwies schließlich noch darauf, dass es für Ausbildungsberufe meistens keine formalen Zugangsvoraussetzungen gebe und dass weder Schulabschlüsse noch das Geschlecht oder die Staatsangehörigkeit eine Rolle spielen dürften, bevor Christoph Lempp vom Vorstand der Jugendagentur Kirchheim-Nürtingen sein Fazit zog: „Alle Beteiligten haben eine gemeinsame Verantwortung für die Jugendlichen.“ Die Jugendagentur sei da auf einem guten Weg und in regelmäßigem Austausch mit der Arbeitsagentur und den Job-Centern. Anders aber als beim Hamburger Hauptschulmodell gehe es der Jugendagentur vor allem um diejenigen Jugendlichen, die gar keinen Schulabschluss haben. Christoph Lempp rief alle Beteiligten auf, sich häufiger gemeinsam zusammenzusetzen, um Jugendlichen Chancen geben zu können.