Beuren. Im Frühjahr 2008 hatte Oldtimer-Enthusiast Mario De Rosa aus Schlierbach seinen schwarzen Austin Seven in Dover abgeholt. Am vergangenen Samstag stand das erste englische Volksautomobil aus dem Jahre 1937 im Schatten des Tante-Helene-Ladens im Freilichtmuseum und ließ sich bestaunen. Im offenen Handschuhfach des 17 PS-Vehikels lagen die original englischen Straßenkarten plus Handbook.
Es sollte nicht die einzige Rarität des 16. Oldtimertreffens bleiben. Gleich nebenan stand ein schwarzer Bugatti T 40, gebaut 1927, mit einem 70 PS-Motor, zu dem sich später ein 180-PS starker blauer Bugatti, Baujahr 1933, gesellte, beide mit offenem Cockpit, viel zu kleinen Frontscheiben und dem typischen Spitzheck.
In den Streuobstwiesen und zwischen den Bauerngärten verteilt parkte alles Blech mit Rang und Namen in der mobilen Oldtimerszene, angefangen vom Käfer Cabrio, über Porsche, Mercedes, bis hin zu Maserati, Jaguar und einem Ford Model A, Baujahr 1928.
Mit leuchtenden Augen berichteten die beiden Organisatoren Werner Unseld und Eugen Schmid, welche rollenden Preziosen bereits durch das Tor gefahren waren. Jeder der ein Fahrzeug des Baujahres 1969 und älter besitzt, durfte kommen. „Diesmal sind es mehr Autos als Traktoren“, erklärte Werner Unseld.
Ob‘s wohl an den zehn Euro Eintritt pro Fahrzeug lag, deren Besitzer auf dem Gelände des Museumsdorfes in den Herbstwiesen übernachten wollten? „Die wollen keine Traktoren mit Schäferwagen mehr“, hieß es in facebook. Dem widersprach Werner Unseld. „Ich weiß, das hat bei manchen Traktorfahrern etwas Unmut ausgelöst. Doch was wir nicht wollen, ist nachts Remmidemmi. Wir sind kein Campingplatz, sondern ein Museumsdorf, das wertvolle Kulturgüter bewahrt“. Im vergangenen Jahr habe es etwas Unruhe gegeben auf dem Gelände. In diesem Jahr sorgte Security für die nötige Nachtruhe.
„Es gibt in der Traktorenfraktion zwei Lager: Die einen wollen die Nacht durchfeiern und die anderen wollen ihre Fahrzeuge zeigen“,erklärte der Organisator gegenüber dem Teckboten. Inzwischen hätten sich aber die Wogen geglättet. „Wir werden jetzt Bilanz ziehen und überlegen, wie wir‘s im nächsten Jahr handhaben. Natürlich sprechen wir das auch mit den Traktorfahrern ab“, sagte Unseld.
Stand 2011 die schweizer Marke „Hürlimann“ im Mittelpunkt, so waren es heuer die Schlüter-Traktoren, die einen besonderen Platz einnahmen. 1899 gegründet, produzierten die Schlüterwerke im bayerischen Freising von 1937 bis 1993 „bärenstarke“ Traktoren, wie Werner Unseld erzählt. „Diese großen Schlepper waren der Ausdruck einer bestimmten Agrarwirtschaft“. Sie waren konstruiert für schwere Böden und größere Betriebsflächen. Schlüter-Traktoren kennt man auch unter der Limburg, denn in Weilheim war ein Vertragshändler ansässig. Deshalb konnte Uwe Brandt aus Weilheim, der bereits das Hürlimann-Treffen organisiert hatte, nun auch die Schlüter-Fangemeinde zusammentrommeln.
Freilich gab es auf dem elf Hektar großen Museumsgelände nicht nur Traktoren aus der Schweiz und Bayern. Schon von Weitem konnten die Besucher das charakteristische Tuckern der Lanz Bulldogs vernehmen, die inzwischen einen Liebhaberwert zwischen 20 000 und 40 000 Euros besitzen. Nicht ganz so teuer werden die alten Eicher-, Fahr-, Fendt-, Deutz- und Porsche-Diesel-Schlepper gehandelt.
Während die alten Straßenmaschinen wie die Horex, NSU, BMW und andere hinter dem Häslacher Rathaus ein schattiges Plätzchen gefunden hatten, stand das älteste Vehikel des Oldtimer-Treffens in der Nähe des Kalkofens einsam unter einem Baum – ein Monet & Goyon-Dreirad mit Korbsitzen aus dem Jahre 1918.
Eine Verbindung zur ländlichen Kultur, die das Museumsdorf zeigt, stellten die Stationärmotoren aus den 1920er und 1930er Jahren her. „Sie haben damals alle landwirtschaftlichen Maschinen angetrieben und waren ein wichtiges Kapitel der Mechanisierung in der Landwirtschaft“, erklärte Werner Unseld.
„Wir haben für die Fahrzeuge im Jahre 1969 einen Schlussstrich gezogen, weil neuere Fahrzeuge eine zu große Diskrepanz zu unseren Häusern des Museumsdorfes darstellen würden“, meinte Unseld, der die Beliebtheit eines der größten Oldtimer-Treffens im Süden der Republik gerade auch auf das historische Ambiente zurückführt. „Es ist ein Nebeneinander von Bewegung und Beschaulichkeit.“