Kirchheim. Wenn es gilt, den 60. Geburtstag einer „Person des öffentlichen Lebens“ zu feiern, ist der Ablauf schon zu erahnen. Was offiziell „Preisend mit viel schönen Reden“ beginnt, mündet – spätestens wenn alles gesagt und auch noch von vielen wiederholt wurde – in ein informelles Finale mit Häppchen und „guten Gesprächen“.
Wenn in der Bastion ein musikalischer Leistungsträger gefeiert wird, sieht das ganz anders aus. Im zunächst kleinen und sich kontinuierlich bis zum abendlichen Konzert erweiternden Kreis von Freunden und Weggefährten wurde der 60. Geburtstag des heimlichen heimischen Weltstars Werner Dannemann gefeiert und wie erhofft, wollten „alle nur spielen.“
Den längsten Anflug hatte der von „Anne“ Kenner – mutwillig oder versehentlich – als Engländer begrüßte Schotte Miller Anderson. Er kommt zwar bald wieder, um in der Bastion ein Konzert zu geben, wollte aber auf jeden Fall dabei sein wenn es gilt, seinem „very best friend in Germany“ zu gratulieren und „big vibrations“ zu wünschen. Auch Drummer Bodo Schopf wollte in der Bastion unbedingt mit von der Partie sein, um kraftvoll dagegen anzutrommeln, dass sich das „Geburtstags-Ständchen“ zu brav und zu „posaunenchormäßig“ anhören könnte.
Auch wenn die spontan zurechtgelegte und nur wenige Minuten „verbindliche“ Choreografie des Abends eigentlich vorsah, dass zunächst „Dannemann and friends“ mit ein paar Titeln ihrer neuen CD „The Green Blues“ das Eis brechen, wurde umdisponiert. Die gute Stimmung im Keller war schließlich von Anfang an voll im grünen Bereich.
Bevor Drummer Peter Knapp und Sängerin Daniela Meta Epple die Original-Formation der jüngsten CD-Einspielung mit Werner Dannemann ergänzen konnten, wurden die zum Fest geladenen Gaststars schon spontan zu Mitgliedern ihrer eigenen „Vorgruppe“ erklärt. Von der Mithilfe des offensichtlich mit sich und seinem Fest zufriedenen Werner konnten sie ein Allüren nicht kennendes Geburtstagskind musikalisch umschmeicheln und von Beginn an ungestraft jede Sanftheit vermissen lassen. Ungemein rockig und bluesig fetzten die Musiker los, um in wenigen Sekunden die wie ein Skulpturenpark angeordnete Stehparty vor der Bühne in ein hyperaktives Tanztheater zu verwandeln und auch für flächendeckende Bewegungen auf den gut besetzten Rängen zu sorgen.
Neben Werner Dannemann und den mit ihm für die CD „Green Blues“ verantwortlichen Musikern Bernd Benroth (Bass) und Frank Barth (Gesang, Gitarre) saß dann eben anfangs schon „Überraschungsgast“ Bodo Schopf hinter den Drums von Peter Knapp. Der Drummer der McAuley Schenker Group, der auch schon im Panik Orchester von Udo Lindenberg und anderen Formationen den Takt angegeben hat, war schnell in die Geburtstags-Band integriert und fühlte sich sichtlich wohl.
Er schenkte dem fast vier Stunden auf der Bühne stehenden Werner Dannemann immerhin ein paar Minuten Verschnaufpause, als er mit seinem eindrucksvollen Schlagzeugsolo erst seine Mitmusiker von der Bühne fegte und ein Feuerwerk abbrannte, dass selbst das solide Bastionsgewölbe spürbar in „good vibrations“ versetzte.
Miller Anderson spielte viele Jahre in der „Spencer Davis-Group“,und stand auch schon mit „T - Rex“ und „Deep Purple“ auf der Bühne. Dass auch er kein ganz junger und mainstream-mäßiger Mitläufer der Musikszene ist, belegte der Woodstock-Veteran neben seinem Auftritt auch mit seiner mitgebrachten CD. Mit vier Titeln aus „Green Blues“ gewährten „Dannemann and Friends“ Einblicke in ihr aktuelles musikalisches Tun – dann kamen die Gäste wieder zum Zug.
An Werner Dannemanns 50. Geburtstag hatte Anja Mayer versprochen, dass sie ihn an seinem 60. mit dem Saxophon begleiten werde. Das mit dem Publikum geteilte Geschenk war ein echter Ohrenschmaus, der zum 70. gerne wiederholt werden darf. Mit seiner Trompete reihte sich auch Hari von Schild anschließend in den Reigen musikalischer Überraschungsgäste ein und Bastions-Urgestein „Anne“ Kenner hatte seine Bluesharp in der Tasche, um überzeugend zu demonstrieren, dass auch er den Blues in sich hat.
Werner Dannemann, der sich schon seit den frühen Nachmittagsstunden persönlich um seine in den Bastionskeller geladenen Gäste gekümmert hatte, verkündete zwar zu vorgerückter Stunde: „Jetzt kommt bloß no en Rock‘n‘Roll ond no geh‘n m‘r hoim“, konnte sich damit aber natürlich noch nicht aus der Verantwortung für seine Feier ziehen.
Erst nachdem noch lautstark „Cocaine“ musikalisch verabreicht und mit „All along the Watchtower“ der Weg aus der Kirchheimer Verteidigungsfeste eingeleitet wurde, endete ein denkwürdiger und begeisternder Abend. Nach dreitägigen Feiern zum 50. und einem von der Mittagszeit in den frühen Montagmorgen führenden 60er-Feier hatte Andreas Kenner ja schon angekündigt, das es in zehn Jahren nahtlos weitergeht: Zur Not auch mit einer von 11 bis 12 Uhr durchorganisierten Matinee. . .